Kurzfilmtage: Der Herr der Projektoren

Porträt: Besuch bei Volker Köster, dem Technischen Direktor der Kurzfilmtage Oberhausen.

Oberhausen. Es ist April, und im Königshütter Park im Zentrum von Oberhausen zwitschern die Vögel um die Wette. Eine aufgeregte Frühlingsstimmung, die bis in die ockerfarbene Gründerzeitvilla an der Grillostraße hineinstrahlt. Dort logiert die Schaltzentrale der Oberhausener Kurzfilmtage. Inzwischen hat die Jury die 5840 eingereichten Filme gesichtet und 132 zu den vier Wettbewerben eingeladen.

Seit März treffen täglich die ausgewählten Beiträge in ihren Originalformaten ein. Damit beginnt für Volker Köster das Festivalfeeling. Seit 16 Jahren ist er Technischer Direktor der Kurzfilmtage und damit verantwortlich für jeden Projektor, Klinkerstecker und jedes Mikro, die zum Einsatz kommen. Bis dahin ist er eher mit Fragen des Sponsoring oder mit technischen Bedarfslisten beschäftigt.

Jede Filmkopie wird auf ihre Qualität geprüft, vom Wettbewerbsfilm bis zu den Beiträgen der Sonderreihen. In Oberhausen bemüht man sich, so Volker Köster, "die Filme richtig abzuspielen" - also so zu projizieren, wie sie aufgenommen wurden. Ob das ein Nitrofilm aus den 1910er Jahren ist oder Super 8, 16 mm, das Spielfilmformat 35 mm, DV, Beta, HDV oder U-Matic.

Bei der Vielfalt des Video-Marktes ist die Grenze des Machbaren erreicht. "Wir hätten einen Turm vom Boden bis zur Decke mit unterschiedlichen Video-Formaten", sagt Volker Köster. Das würde Budget und reibungslosen Ablauf der Kurzfilmtage sprengen.

Deshalb gibt es eine Format-Wunschliste: Bevorzugt werden DV, DVCam und Beta SP Pal, im Filmbereich ist zwischen Super 8 und 35 mm alles erlaubt. Aber wie das mit Wünschen so ist: In manchen Ländern funktioniert die Technik nicht oder spielt auch schon mal der Zoll nicht mit.

Dann kopiert Volker Köster einen Film schon mal eigenhändig um. Herausgefordert wird die Phantasie der technischen Mannschaft allerdings weniger vom Formatsalat des Digital-Films, als den Experimental- und Künstlerfilmen, denen man sich in Oberhausen nach den politischen Anfängen in den sechziger Jahren verstärkt zugewandt hat.

Eine Künstlerin, erzählt Volker Köster, hatte mit Tesafilm Abdrücke ihrer Haut genommen und diese auf einen Filmstreifen geklebt. Da Projektoren auf Unebenheiten sehr empfindlich reagieren, eine kaum lösbare Ausgabe - nicht jedoch für die Oberhausener Crew.

Volker Köster ist ein Kind der Kurzfilmtage. Der 41-jährige gebürtige Oberhausener hat seine Kinosozialisation bei der "Filmothek der Jugend" erhalten. Einer Initiative der Kurzfilmtage aus den 1970er Jahren, in deren Rahmen er bereits im Alter von 16 Filme gesichtet und Spielfilmreihen konzipiert hat. Derart infiziert war das Filmstudium in Dortmund die logische Folge. Der Kontakt zu den Kurzfilmtagen ist dabei nie abgerissen.

Als Volker Köster Technischer Leiter wurde, fanden die Vorführungen noch in der Stadthalle statt. Seit 2002 ist man im Lichtburg-Kino. Die Umgewöhnung fiel nicht leicht. Die Lichtburg ist ein altes Kino mit schlachterprobten Haudegen an den 35mm-Projektoren.

Köster bringt jedoch grundsätzlich professionelle Festival-Vorführer mit, die technisch versiert und stressresitent sind. Es muss in der Lichtburg heftig geknallt haben, als die Kinofilm-Freaks auf die Digitalfreaks trafen: Vier Jahre dauerte es, bis die Festivalprofis Hand an die 35mm-Projektoren der Hausherren legen durften. Doch vor dem Start des Festivals greift Pragmatismus um sich. Viele Filmkopien treffen kurz vor, manche erst nach Festivalstart ein. Nach dem Technikcheck wandern sie in die Videobibliothek im Keller.

Am Tag X werden sie zum Auftritt gefahren. Eine Woche dauert der Sturm, dann ist es vorbei. Die Filmkopien treten die Reise zu ihrem Macher an, der gesamte deutsche Jahrgang wird für die Oberhausener Filmbibliothek angekauft. Danach zerstreut sich Kösters Mannschaft in alle Winde. Doch das nächste Festival wartet schon.

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