Bierbiker und Parkplatzschweine - Urteile aus der Verkehrswelt

Berlin (dpa/tmn) - Parkplätze, Pöbeleien oder Partymobile: Auf den Straßen gibt es vieles, über das man sich aufregen kann. Einige Verkehrsteilnehmer treiben es auf die Spitze und ziehen vor Gericht.

Hier eine Auswahl kurioser Fälle, zu denen es im Jahr 2012 Urteile gab.

„Parkplatzschwein“ - diese Bezeichnung kann für Parksünder angemessen sein. So sieht es das Amtsgericht Rostock. Wer unbefugt einen Parkplatz für Behinderte blockiert und auch noch uneinsichtig ist, muss sich das gefallen lassen. Auf dieses und weitere besondere Urteile aus der Verkehrswelt, die Deutschlands Richter im Jahr 2012 gesprochen haben, verweisen Rechtsexperten vom ADAC, Auto Club Europa (ACE) und Deutschen Anwaltverein (DAV).

Geschenkt ist nicht geschenkt: Vor der Tür steht ein Sportwagen mit großer Schleife. Die Freundin gratuliert zum 60. und drückt dem Geburtstagskind den Schlüssel für das Cabrio in die Hand, das sie kurz zuvor für 50 000 Euro gekauft hat. Klar, werden da viele denken: ein großzügiges Geschenk. Ist es aber nicht, entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (Az.: 3 U 69/11), sondern nur eine Leihgabe. Denn die Frau hatte den Fahrzeugbrief behalten. Somit blieb sie Eigentümerin - und holte sich nach Streitigkeiten ihr Auto mit dem Zweitschlüssel fast zwei Jahre später völlig rechtmäßig zurück.

Mit Recht ein „Parkplatzschwein“: Diese Bezeichnung wollte der Fahrer eines Geldtransporters nicht hinnehmen - musste es aber. Er hatte ohne Berechtigung auf einem Behindertenparkplatz gestanden. Ein Zeuge machte ein Foto, bezeichnete ihn auf einem Zettel an der Windschutzscheibe als „Parkplatzschwein“ und veröffentliche das Bild in einem Internetportal unter der Rubrik „Parkplatzschweine“. Die Bezeichnung ist aber nicht automatisch eine Beleidigung, urteilte das Amtsgericht Rostock (Az.: 46 C 186/12), es komme auf die Umstände an. Wer unbefugt einen Behindertenparkplatz blockiere, dürfe so genannt werden.

Schluss mit lustig: Im Partymobil mit lauter Musik und reichlich Bier an Bord über Deutschlands Straßen zu radeln - das geht nur mit Sondergenehmigung. Sogenannte Bierbikes, mit denen Kegelclubs und Junggesellenabschiede schon massig Autofahrer auf die Palme gebracht haben, werden nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht vornehmlich zur Teilnahme am Verkehr genutzt (Az.: 3 B 8/12). Deshalb ist eine Sondergenehmigung für Touren mit Bierbikes erforderlich - und die dürfte nicht allzu leicht zu bekommen sein.

Teure Pöbelei: Der Fahrer eines Luxuswagens hätte sich besser zurückgehalten, nachdem er jemandem eine freiwerdende Parklücke vor der Nase weggeschnappt hatte. Als ihn der wartende Autofahrer darauf hinwies, pöbelte er diesen an. Im Prozess wegen Beleidigung vor dem Amtsgericht Hamburg antwortete der Angeklagte auf die Frage nach seinem Einkommen, es sei auskömmlich. Der Prozess dauerte acht Verhandlungstage, vor allem die Aufklärung der Einkommensverhältnisse kostete viel Zeit. Das Urteil: 30 Tagessätze à 2000 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung - macht 60 000 Euro (Az.: 259 Cs 33/12). Die Verteidigung des Mannes will Rechtsmittel einlegen.

Kein Geld nach Haustiertod: Wer nach dem Unfalltod eines engen Angehörigen traumatisiert ist, bekommt in besonderen Härtefällen eine Entschädigung für den sogenannten Schockschaden. Nach dem Verlust eines geliebten Haustiers ist das nicht der Fall. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe wies die Klage eines Hundehalters ab, der für sein seelisches Leid Schadenersatz von einem Landwirt verlangte, nachdem der den Hund mit einem Traktor überrollt hatte. Das Tier musste eingeschläfert werden (Az.: VI ZR 114/11).

Vorsicht mit Versprechen: Werbung ist zwar gut fürs Geschäft - allerdings bleiben Autoverkäufer besser bei der Wahrheit, wenn es um Ausstattung und Zustand eines Fahrzeugs geht. Falsche Versprechen in einem Inserat können einen Kaufvertrag mit korrekten Angaben zum Auto später platzen lassen, wie eine Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts zeigt (Az.: 5 U 103/11). Demnach können Inhalte aus Verkaufsanzeigen Vertragsbestandteil werden. In dem Fall musste ein Autoverkäufer einen Gebrauchten zurücknehmen, weil er in einem Online-Inserat unter anderem mit einer Herstellergarantie geworben hatte, die es für das Auto nicht gab, und die er auch nachträglich nicht beschafft hatte.

Frei parken: An der falschen Adresse sindBetreiber von Privatparkplätzen mit einer Gebührennachforderung bei Fahrzeughaltern, die nur über das Autokennzeichen ermittelt wurden. Sie müssen einen Gebührenpreller schon auf frischer Tat ertappen oder später eindeutig beweisen können, wer den Wagen auf ihrem Parkgelände ohne Ticket abgestellt hat. Denn allein der Fahrer haftet nach Ansicht des Amtsgerichts Osterholz-Scharmbeck für geprellte Parkgebühren (Az.: 4 C 214/11). Gibt sich der ermittelte Halter ahnungslos, wer sein Auto gefahren hat, gehen Parkplatzbetreiber ohne Beweise leer aus.

Auch Experten müssen nachsitzen: Als Verkehrsrechtsanwalt hätte er wissen müssen, was ihm blüht, wenn er bei Rot über eine Ampel radelt, von der Polizei erwischt wird und die Tat dann vehement bestreitet. Die Folge: ein Bußgeldbescheid und die Verpflichtung zur Teilnahme am Verkehrsunterricht. Gegen letztere wehrte sich der Jurist - ohne Erfolg. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof München sah darin im Gegensatz zum Kläger keine Freiheitsbeschränkung (Az.: 11 ZB 12.985). Die Anordnung sei auch keine Strafe, sondern diene lediglich der Verkehrssicherheit. Sein überhebliches Auftreten und seine Uneinsichtigkeit ließen den Schluss zu, dass der Kläger die Regeln im Straßenverkehr nicht gut genug kennt.

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