Digitale Verkehrserziehung auf dem Vormarsch

Berlin (dpa/tmn) - Ob Facebook, Youtube oder Smartphone-Apps: Mit modernen Medien versuchen Verkehrssicherheitsorganisationen, junge Fahranfänger für Gefahren auf den Straßen zu sensibilisieren. Ob die Zielgruppe anbeißt, muss sich erst noch zeigen.

Fahranfänger sind weltweit im Straßenverkehr besonders gefährdet. Gleichzeitig ist diese Gruppe der meist jungen Menschen besonders empfänglich für digitale Medien, die über das Internet auf Smartphones oder Computer transportiert werden. Da liegt es nahe, die Verkehrserziehung auf diese Schiene zu lenken.

Experten vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR), der Deutschen Verkehrswacht (DVW) und der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF) sehen dieses Thema aber differenziert. Während die Fahrlehrer sich vom alten Fragebogen auf Papier immer weiter entfernen und voll des Lobes für die neuen digitalen Unterrichtsmethoden sind, stecken die Verkehrserzieher bei der Nutzung dieser Möglichkeiten noch in der Phase des Ausprobierens.

Mit Video-Clips bei Youtube will der DVR seit dem Sommer 2011 bewusst Fahranfänger über das Internet ansprechen. Unter dem Motto „Sag Nein zu Hubert“ provozieren die kurzen Filme über das Rasen oder Alkohol und Drogen am Steuer. Pressereferentin Carla Bormann zieht eine erste Bilanz: „25 000 Mal wurden unsere Clips angeklickt, meist mit positiven Rückmeldungen.“ Das Projekt zur Unfallverhütung sei bisher nicht beworben worden. Deshalb sei der DVR sehr zufrieden mit diesen Zahlen. „Unsere Motivation ist, Erfahrungen zu sammeln mit neuen digitalen Methoden“, erklärt Bormann.

Ähnlich geht die Verkehrswacht das Thema neue Medien an. Für die neue Kampagne „Aktion Landstraße“, die sich mit den besonderen Gefahren auf schmalen Überlandwegen beschäftigt, hat die Deutsche Verkehrswacht eine kostenlose Facebook-App im Angebot. Noch bis Juni läuft im Zuge der Kampagne bei Youtube ein Online-Musikwettbewerb für junge Fahrer bis 24 Jahre. „Diese Zielgruppe erreichen wir auf den herkömmlichen Kommunikationswegen längst nicht mehr“, betont DVW-Sprecherin Hannelore Herlan.

Beworben wird das im Januar gestartete Musikprojekt über Facebook. Als bekanntes Gesicht unterstützt der aus der TV-Serie „Alarm für Cobra 11“ bekannte Schauspieler Tom Beck die Kampagne. Die Werbeclips hat Sönke Wortmann gedreht, der unter anderem bei „Kleine Haie“ und „Das Wunder von Bern“ auf dem Regiestuhl saß. „Bisher haben wir 12 000 Aufrufe gezählt. Und wir sind ja gerade erst gestartet“, äußert sich Herlan zufrieden.

„Wir lernen mit diesen Projekten, dass das Neuland für uns ist“, gesteht Herlan ein. „Wenn wir damit erfolgreich sind, wollen wir in einem zweiten Schritt Schüler über soziale Netzwerke im Internet ansprechen.“ Grundschüler und Kindergartenkinder sieht sie eher nicht als Zielgruppen für Projekte mit digitalen Medien.

Mit einer kostenlosen Smartphone-App ist der DVR im Bereich der Fahrprüfung aktiv. „Wir bieten unter www.jungesfahren.de nicht die komplette Fragensammlung an, aber ein Prüfungsquiz“, erklärt DVR-Sprecher Sven Rademacher. Weitere Apps seien in Planung, aber noch nicht spruchreif.

Für Fahrschüler ist die Prüfung am PC längst Alltag. Digitale Medien spielen in den Fahrschulen schon seit Jahren eine Rolle. „Mit den neuen digitalen Techniken haben wir ja ganz andere Möglichkeiten, die gesamte mediale Welt einzubinden“, sagt der BVF-Vorsitzende Gerhard von Bressensdorf. Nach seiner Auskunft arbeiten 98 Prozent der Fahrschulen in Deutschland mit digitalen Hilfsmitteln. „Entweder sind die Schulen mit PCs ausgestattet oder mit Geräten, die einem Smartphone ähnlich sind. „Szenen aus dem Straßenverkehr können Sie zum Beispiel mit filmischen Darstellungen ganz anders vermitteln.“

Für von Bressensdorf ist noch ein anderer Aspekt wichtig: „Dank der digitalen Auswertung kann ein Fahrlehrer blitzschnell sehen, wo ein einzelner Schüler im Unterricht steht, aber auch eine ganze Gruppe. Wenn er etwas nicht richtig erklärt hat, sieht er das sofort anhand der Auswertung. Dann muss er als Lehrer nachbessern - dem vernetzten Lernen sei Dank. Das ist ein tolles Feedback, das wir so früher nicht hatten.“

Eine ganz andere Idee zum Thema digitale Verkehrserziehung hat unter anderem Ford. Im Herbst bringt der Kölner Autobauer einen Fahrzeugschlüssel auf den Markt, der junge Fahrer vor Unfällen schützen soll. „MyKey“ ist ein von den Eltern steuerbares Sicherheitssystem. Sie können damit das Fahrverhalten ihrer Kinder beeinflussen. Kernstück ist ein programmierbarer Zweitschlüssel: Steckt dieser im Zündschloss, sind Höchstgeschwindigkeit und Radiolautstärke begrenzt - und die Musik spielt erst, wenn alle angeschnallt sind.

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