Käfer, Ente, Trabi: Autos mit Kultcharakter

Stuttgart (dpa) - Mit dem Käfer über den Brenner, in der Ente zur Demo und breite Felgen für den Manta: Im Nachkriegsdeutschland entwickelte sich das Auto zum Fahrzeug für die Massen. Und es wurde geliebt.

Manche Modelle entwickelten echten Kultcharakter.

Kaum zu glauben, aber amtlich: Zur ersten Nachkriegs-Automobilmesse in Frankfurt kamen 1951 kaum vorstellbare 570 000 Besucher. Meist mit Bahn und Bus, denn Autos besaßen nur wenige. Doch das sollte sich bald ändern. Natürlich hatte es schon einige volkstümliche Automobile in den 20er und 30er Jahren gegeben - Dixie oder das „Kommissbrot“ von Hanomag. Aber das Autofahren blieb - schon aus finanziellen Gründen - einer kleinen Bevölkerungsschicht vorbehalten.

Ein automobiler Massenmarkt entwickelte sich in Deutschland erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Als es wieder Arbeit gab, der Hunger fast vergessen war und der Gürtel ein Loch weiter geschnallt werden musste - da kam 1950 aus Wolfsburg der Volkswagen. Und er lief und lief und lief, wie es die Werbung versprach. Über 21 Millionen mal wurde das Auto gebaut, das erst später - vermutlich zuerst in den USA - Käfer genannt wurde.

Brenner und Gotthard waren in diesen Jahren keine unüberwindbaren Hindernisse mehr, per Käfer oder Opel wurden sie bezwungen und die Reisewelle gen Italien rollte. Und schnell wurde das Auto sprichwörtlich „der Deutschen liebstes Kind“. Zur zweiten IAA 1953 reisten sogar 750 000 Besucher an - wobei das Automagazin „auto motor und sport“ anmerkte, dass es zwar praktisch keine Neuheiten, dafür aber Rabatte gab. Opel senkte die Preise um zehn Prozent, der Käfer wurde 250 Mark billiger - der Markt normalisierte sich, wie Autoexperten schrieben.

Das Auto wurde für viele zum Liebhaberobjekt, für manche Kult - wobei natürlich oft der Käfer eine Hauptrolle spielte. Unvergessen die im Winter innen vereiste Scheibe, weil das Heizungsgebläse zu schwach war. In lebhafter Erinnerung auch die Campingreisen nach Italien oder Frankreich - vier Personen, zwei Zelte, der Käfer war pickepackevoll, aber es ging. Später brachte es der Käfer in den USA, zum alternativen Kultauto - ebenso wie der VW-Bus. Dieser verkörperte mit dem Surfbrett auf dem Dach den kalifornischen Surf-Mythos.

Es gab zwar schon früh Traumautos wie den 300 SL von Mercedes oder später den Porsche 911. Die Realität sah anders, etwas nüchterner und vernünftiger, aber nicht weniger bunt aus. Der herzige Fiat 500 wurde ebenso heiß geliebt wie der quadratische Mini.

Und - „Fronkreisch, Fronkreisch“ - auch die französische Autoindustrie fuhr sich mit zwei ungewöhnlichen Modellen in die Herzen junger Leute: Der Citroën 2CV („Ente“) und der Renault R4 waren Ausdruck einer besonderen Lebenseinstellung - gesellschafts- und konsumkritisch, antibürgerlich und mit einem Faible für Baguette. In der Ente fuhr man zur Demo und auch an den französischen Atlantikstrand, in den R4 passte der Tapeziertisch - für den Flohmarkt oder den Bücherstand. Und auch die junge Familie freute sich über das praktische Auto mit der Riesenheckklappe. Heute ist die Ente zumindest in Deutschland wieder gesucht und wird im guten Zustand mit bis zu 9000 Euro gehandelt.

Als Youngtimer gern gesehen ist auch der Opel Manta: Der Film „Manta, Manta“ machte das Auto - nur echt mit dem Fuchsschwanz - zum Kultmobil. In der Realität war es Opels Antwort auf den Ford Capri, der den Wunsch nach einem sportlich-preiswerten Coupé seit Ende der 1960er Jahre befriedigte und wie der Manta (und dann auch der Golf GTI) als beliebtes Tuningobjekt diente.

Eine derartige Auswahl und gar Tuning - das gab es in der DDR zwar nicht. Aber Wartburg oder Trabant waren genauso Herzenssache wie Käfer und Kadett in Westdeutschland. Zumal man bis zu zwölf Jahre darauf warten musste. Dafür aber, so erinnern sich die Menschen in der Ex-DDR noch heute, war ein Trabant eine prima Geldanlage. Kaum ausgeliefert, konnte man - eben wegen der langen Wartezeiten - den Trabi gleich wieder mit ordentlichem Gewinn verkaufen.

Heute ist es schwieriger mit dem Kult ums Auto: Die Autobranche ist im Umbruch und sucht den Weg in die Elektromobilität. Und junge Leute zwischen 18 und 25 Jahren, also die Käufer von morgen, haben immer weniger Interesse am Auto. „Die emotionale Bindung der jungen Generation an das Statussymbol Auto lässt deutlich nach“, heißt es in der Studie „Jugend und Automobil 2010“ des Autoexperten Stefan Bratzel.

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