Kanister fürs Elektrozeitalter: Der Range Extender

Rüsselsheim (dpa/tmn) - Sie sind sauber und leise. Doch neben hohen Preisen haben Elektroautos ein Problem: die beschränkte Reichweite. Wenn der Akku leer ist, springt in manchem E-Fahrzeug deshalb noch ein Benzinmotor an: der Range Extender.

Er sorgt für frischen Strom.

Wie weit kommt ein Auto? Diese Frage rückt zu Beginn des Elektrozeitalters immer stärker ins Bewusstsein. Denn die Akkukapazitäten der bislang erhältlichen E-Fahrzeuge reichen selten für mehr als 150 Kilometer. Da hilft das Ladekabel im Kofferraum nur, wenn ein mehrstündiger Stopp eingelegt werden kann - denn so lange dauert es in der Regel, die Akkus wieder „aufzutanken“.

„Die beschränkte Reichweite ist neben dem Preis einer der größten Hinderungsgründe für den Siegeszug des Elektrofahrzeugs“, sagt Nick Margetts vom Analyseinstitut Jato Dynamics. Viele Entwickler sehen das ähnlich. Zwar verweisen sie wie Opel-Manager Enno Fuchs auf die Statistik: Zum Beispiel führen 80 Prozent der Deutschen weniger als 50 Kilometer pro Tag: „Diese Entfernung ließe sich problemlos elektrisch bewältigen.“ Doch für viele Autofahrer ist das offenbar nicht sehr beruhigend. Also setzen die Hersteller auf sogenannte Range Extender. Das sind kleine Benzin- oder Dieselmotoren, mit denen sie die Reichweite der strombetriebenen Autos verlängern wollen.

Diese Hilfsmotoren treiben in den allermeisten Fällen nicht die Räder, sondern einen Generator an. Dieser erzeugt während der Fahrt Strom für die E-Maschine. Gestartet wird der Verbrenner allerdings nur, wenn der Strom tatsächlich zur Neige geht. „So wird der Verbrenner zu einer Art Reservekanister des Elektroautos“, sagt Ulrich Kranz, der die Entwicklung des BMW i3 verantwortet.

Die ersten Autos mit dieser Technik kommen in diesen Wochen in den Handel, so der Opel Ampera und der baugleiche Chevrolet Volt. Sie nutzen einen 1,4 Liter großen Vierzylinder mit 63 kW/86 PS. Er springt an, wenn die Akkus nach bis zu 80 Kilometern zur Neige gehen, und läuft auf konstanter Drehzahl in einem verbrauchsoptierten Betriebsbereich. „So kommen wir auf eine Gesamtreichweite von über 500 Kilometern“, erläutert Fuchs. Rechnerisch ist der Verbrauch des Antriebs, der nur in Ausnahmen, etwa bei Vollgas, direkt auf die Räder wirkt, minimal: Wenn die Akkus leer sind, verbraucht der Verbrenner auf der dann an 100 Kilometer fehlenden Strecke im Prüfzyklus rund 1,6 Liter (CO2-Ausstoß: 40 g/km).

Und die Konkurrenz schläft nicht: Den i3 als erstes Elektroauto von BMW wird es nach Angaben von Projektleiter Ulrich Kranz optional mit einem Range Extender geben. Der für einen Flottentest aufgebaute Audi A1 e-tron fährt mit eingebautem Kraftwerk, und die neue Generation der Mercedes B-Klasse stand auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt auch als E-Cell Plus: Während die aktuelle A-Klasse mit E-Antrieb nur rund 200 Kilometer Reichweite hat, schafft das Auto dank Hilfsmotor mit 50 kW/68 PS über 600 Kilometer im Elektrobetrieb. 2014 soll es auf den Markt kommen. Auch Volvo feilt seit einiger Zeit an der Technik und stellt Reichweiten von über 1000 Kilometern in Aussicht.

Als Brückentechnologie bis zur Verfügbarkeit bezahlbarer Akkus mit entsprechend großer Kapazität ist der Range Extender offenbar attraktiv. „Aber das Konzept hat auch Nachteile“, mahnt Nick Margetts: Der Hilfsmotor benötige zusätzlichen Platz im Fahrzeug, er erhöhe das Gewicht, treibe die Kosten und verderbe dem E-Auto die CO2-Bilanz. „Und wenn er anspringt, ist es vorbei mit dem flüsterleisen Elektrobetrieb“, sagt der Experte.

Ganz aus der Welt schaffen lassen sich diese Einschränkungen nicht. Aber viele Autohersteller arbeiten bereits an optimierten Motoren, die eigens für den Einsatz als Kraftwerk entwickelt werden. Volvo setzt für seine Forschungsfahrzeuge auf einen neuen Dreizylinder-Turbo mit bis zu 140 kW/190 PS. Lotus Engineering hat für solche Zwecke einen Dreizylinder entwickelt, der aus 1,3 Liter Hubraum bis zu 50 kW/68 PS schöpft und kaum mehr als einen Zentner wiegt. Und Audi gibt für den A1 e-tron dem in Vergessenheit geratenen Wankelmotor eine neue Chance. Das bei den Bayern zuletzt im NSU Ro80 eingesetzte Prinzip sei besonders laufruhig und platzsparend, sagt Projektleiter Dietrich Engelhart.

Solche Erkenntnisse nutzt auch der Umrüster Siri Karabag aus Hamburg. Das Unternehmen, das schon mehrere hundert Fiat 500 auf Batteriebetrieb umgerüstet hat, plant für das nächste Jahr ebenfalls einen Range Extender und will das Platz- und Gewichtsproblem ganz einfach lösen: „Wir packen den Hilfsmotor in eine spezielle Box, die man genau wie den Urlaubskoffer nur dann einpackt, wenn man wirklich auf große Fahrt gehen will.“

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