Kaufberatung Gebraucht-Cabrio: Fingertrick und Nähtetest

Gebrauchte Cabriolets sind im Sommer sehr gefragt. Wenn der Käufer auf der Suche nach einem Oben-Ohne-Flitzer ein mögliches Schnäppchen findet, ist auch bei Hitze ein kühler Kopf gefragt. Wir verraten, was die tpyischen Macken und Schwachstellen von Cabrios sind.

Bonn. Der Auftrag ist klar: Die Sonne scheint, und kurvige Landstraßen locken zum Cruisen. Also muss ein Cabrio her. Dabei soll es eine Weile halten und darf nicht zu viel kosten. Und vor allem soll es schnell in der Einfahrt stehen.

Auf der Suche nach einem Fahrzeug, stellt der sonnenhungrige Autofahrer allerdings schnell fest: Er ist nicht der Einzige mit dieser Idee. „Die Cabrio-Saison läuft von März bis September“, erklärt Ansgar Klein vom Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK) in Bonn. „In dieser Zeit sind offene Autos gesucht.“ Das wirkt sich natürlich auf die Preise aus.

Vor dem Kauf macht sich der Interessent am besten Gedanken darüber, wofür er das Fahrzeug nutzen möchte: Wollen Freunde oder die Kinder mitfahren? Oder reichen zwei Sitze? Soll das Cabrio nur bei schönem Wetter aus der Garage geholt werden oder als Alltagsfahrzeug herhalten? Davon hänge ab, ob ein „größeres älteres oder ein kleineres neueres Modell im Ganzen der günstigere Kauf“ sei, erklärt Helmut Klein vom ADAC Technikzentrum in Landsberg.

Denn wer nur sonntags ein paar Kilometer fährt, für den spielen Benzinverbrauch und Wartungskosten keine entscheidende Rolle. Wer Langstrecken-Cabriofahrer werden will, der sollte vielleicht sogar über einen Diesel im offenen Wagen nachdenken.

Gerade wenn das Cabrio bei Wind und Wetter auf den Asphahlt muss, sollte es auch bei geschlossenem Verdeck überzeugen. Denn zwar werden die meisten moderneren Modelle von den Herstellern als wintertauglich ausgewiesen. Aber Übersicht, Kopffreiheit und Windgeräusche können schlechter sein als beim geschlossenen Pkw.

„Achten sollte man vor allem auf den Zustand der Nähte und auf die Heckscheibe“, erläutert ADAC-Experte Klein. Rückfenster bei Stoffdach-Cabrios sind oft aus Kunststoff, sie können durch Kratzer oder Knicke beschädigt sein und werden im Alter oft blind. Auch sollte sich das Verdeck geschmeidig öffnen und schließen lassen. Funktioniert das nicht ohne ohne Zerren und Ziehen, könne das Gestänge verzogen sein - die Reparatur ist mühsam und teurer. Zudem kann das Verdeck undicht sein. Eine Fahrt durch die Waschanlage - wenn dies der Hersteller in der Betriebsanleitung erlaubt - kann Gewissheit verschaffen.

Beim Verdeck stellt sich eine weitere Frage: Stahl oder Stoff? In den letzten Jahren sind immer mehr Modelle auf den Markt gekommen, deren Dächer aus Stahl sind. Die Konstruktionen gelten als pflegeleichter und neigen nicht zu Rissen wie ihre Stoff-Pendants. Hinzu kommt, dass elektrische Verdecke Energie benötigen. „Deshalb sollte man es mehrmals im Stand ausprobieren“, rät der ADAC-Techniker. „Gerade ältere und schwächere Batterien können irgendwann aufgeben.“

Auch der Vorbesitzer spielt ein wichtige Rolle. „Man sollte sehr darauf achten, wer den Wagen vorher besessen hat“, betont Klein. Denn offene Autos seien Spaßfahrzeuge. Oft würden sie schon nach einem Sommer vom Besitzer wieder verkauft, Reparaturen und Wartungsarbeiten hinausgeschoben oder nur notdürftig erledigt. „Ich würde nach einem Exemplar aus erster oder zweiter Hand suchen, das nur im Sommer gefahren wurde.“

Andreas Keßler, Auto-Experte des ZDF-Magazin WiSo und des RBB-Radiosenders „Radio Eins“, warnt vor Tiefer-Härter-Breiter-Exemplaren: „Weil das Dach fehlt, ist die Karosserie von Cabrios weniger steif.“ Durch harte Sportfahrwerke könne diese Struktur regelrecht weichgeschlagen werden. Um zu erfahren, wie stark sich der Wagen verwindet, hilft ein einfacher Trick: Dabei wird ein Finger während der Fahrt in den Spalt zwischen A-Säule und Fahrertür gehalten. Je mehr sich die Fuge auf unebener Straße verändert, desto mehr arbeitet die Karosserie.

Zudem kann die Ersatzteilversorgung zum Problem werden: „Ältere Tuningteile lassen sich heute oft kaum noch auftreiben“, erklärt der Radio-Experte weiter. „Und generell sollte man wissen, dass es Komponenten gibt, die bei Cabrios anders sind als beim geschlossenen Wagen der gleichen Baureihe. Oft sind auch sie teurer und schwerer zu beschaffen.“ Das gelte vor allem für Dichtungen und Karosserieteile. Und Rückbänken könne die Sonne sehr zugesetzt haben.

Zum Schluss ein allgemeiner Tipp, der für jeden Autokauf gilt: Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt ein Gebrauchtwagengutachten erstellen. Solche Aufträge nehmen Prüforganisationen wie TÜV und Dekra, der ADAC oder freie Gutachter entgegen.

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