Kein Ohrenschmaus - Motorradsound gefällt nicht jedem

Essen/Lindlar (dpa/tmn) - Am Wochenende gleichen manche öffentlichen Straßen Rennstrecken. Vor allem in bergigen Regionen geben Auto- und Motorradfahrer ordentlich Gas. Das nervt vor allem Anwohner.

Kein Ohrenschmaus - Motorradsound gefällt nicht jedem
Foto: dpa

Dabei stört die Anwohner auch der Lärm. Immer öfter werden deshalb Strecken von Gemeinden für Motorräder gesperrt - zum Verdruss der Zweiradfahrer.

Michael Lenzen, Vorsitzender des Bundesverbandes der Motorradfahrer, schätzt, dass die Zahl der gesperrten Strecken in den vergangenen Jahren zugenommen hat. „Bundesweit gibt es zwar keine einheitliche Liste mit einer Übersicht von gesperrten Strecken, ich gehe aber von 40 bis 50 Strecken aus“, sagt er.

Nicht immer ist eine Streckensperrung allerdings erlaubt. Im Zweifel entscheiden hierüber die Verwaltungsgerichte. Laut Lenzen werden Durchfahrverbote zuweilen auch dann mit Unfallzahlen begründet, wenn es nur um Lärmbelästigung geht. Dabei sei das kein Grund für eine Straßensperrung. „Grund für eine Streckensperrung kann nur die Erhöhung der Verkehrssicherheit sein“, sagt Lenzen. Dennoch fordert der Verband strengere Richtlinien gegen laute Motorräder, da sonst die Mehrheit der Biker unter der lauten Minderheit leide.

„Auf dem Papier sind die Maschinen in den vergangenen Jahren immer leiser geworden“, sagt Holger Siegel vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Allerdings nur auf dem Papier. Denn die Messbedingungen sind genau festgelegt und werden modernen Motorrädern nicht unbedingt gerecht. „In freier Wildbahn können Supersportler bei hohen Drehzahlen auch mehr als 100 dB(A) erreichen“, sagt Siegel - bei erlaubten 80 dB(A), gemessen bei einer beschleunigten Vorbeifahrt aus 50 km/h im zweiten oder dritten Gang - aus einer Entfernung von 7,50 Metern.

Siegel sieht durchaus Handlungsbedarf beim Gesetzgeber. Er glaubt nicht, dass Strecken nur wegen des Lärms gesperrt werden, sondern wegen der Unfallhäufigkeit. Das hänge aber oft zusammen. „Wo es laut ist, wird oft auch sehr schnell gefahren.“ Das Schöne beim Motorradfahren ist für Siegel, der selbst Motorrad fährt, das Gleiten auf einer schönen Strecke - das funktioniere auch leise.

Auch für Lenzen ist der Klang eines Motorrades nicht wichtig. Er hat aber Verständnis für Fahrer, die ihre Maschine nach der Motorcharakteristik wählen. „Motorräder klingen nun mal anders als Autos, die Motoren können nicht abgekapselt werden, und der Sound hat für viele Fahrer bestimmt seinen Reiz“, sagt Lenzen.

„Motorradfahren hat in den meisten Fällen etwas mit Emotionen zu tun“, sagt Achim Kuschefski vom Institut für Zweiradsicherheit. Deshalb spiele auch der charakteristische Klang eine Rolle. Aus Gründen der Sicherheit hält er auch eine Mindestlautstärke für sinnvoll, damit Motorräder besser wahrgenommen werden. Die gültigen Geräuschvorschriften findet er ausreichend: „Wie alle Kraftfahrzeuge müssen auch motorisierte Zweiräder im Rahmen ihrer Typprüfung einen Geräuschgrenzwert einhalten“, sagt er.

BUND-Mann Siegel sieht das anders: „Motorräder müssen leiser werden“, sagt er. Außerdem sei das Bußgeld für manipulierte Auspuffanlagen zu gering. Wer einen sogenannten DB-Eater schraubt, riskiert keinen Punkt in Flensburg, sondern lediglich ein geringes Bußgeld. Und: Solange die Auspuffanlage eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) aus einem Land der EU aufweist, darf sie auch überall gefahren werden - ganz legal. Testberichte zeigen jedoch immer wieder, dass viele Teile trotz ABE zu laut sind - viel zu laut.

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