Leistungsprämien und Stichtag: Wie Neuwagen-Rabatte entstehen

Frankfurt/Main (dpa) - Ein Vergleich im Netz zeigt: Bei Neuwagen-Preisen kann es nicht nur auf Modell und Ausstattung ankommen. Zu weit liegen sie selbst für identische Fabrikate auseinander. Woher kommen die Unterschiede, die ein paar Tausend Euro wert sein können?

Frankfurt/Main (dpa) - Ein Vergleich im Netz zeigt: Bei Neuwagen-Preisen kann es nicht nur auf Modell und Ausstattung ankommen. Zu weit liegen sie selbst für identische Fabrikate auseinander. Woher kommen die Unterschiede, die ein paar Tausend Euro wert sein können?

Bei Rabatten für Neuwagen hat jeder Hersteller seine eigene Strategie. Einige verlangen hohe Listenpreise, um dann satte Nachlässe zu geben, andere starten mit Tiefpreisen, lassen aber kaum mit sich handeln. Doch Unterschiede gibt es auch bei identischen Fabrikaten: Wieso können Preise für ein und dasselbe Modell mit gleicher Ausstattung meilenweit auseinanderliegen? Ein Grund: Schon die Händler zahlen beim Hersteller für das gleiche Auto verschiedene Preise. Offizielle Details zu den Prämiensystemen von VW, Daimler, BMW und Co. gibt es zwar nicht - sie werden gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Eine Übersicht, wovon die Nachlässe abhängen und wie die Unterschiede für Kunden entstehen:

- Für alle Händler gibt es einen BASISRABATT, der meist um zehn Prozent liegt. Damit kann der Händler fest kalkulieren, um laufende Kosten zu decken. Die Gewinne der Autohäuser sind dabei überschaubar: Behält ein Unternehmer unter dem Strich zwei Prozent seines Umsatzes in der Tasche, gehört er schon zu den profitabelsten. Oft liegt die Rendite eher bei einem Prozent.

- Zu dem Basisrabatt kommen MODELLPRÄMIEN, die an den jeweiligen Typ gekoppelt sind. Je älter der ist und je näher der Start eines Nachfolgers rückt, desto höher sind die Nachlässe. Aber auch die Lage in den Werken spielt eine Rolle: Türmen sich bestimmte Modelle dort schon auf den Höfen, werden die mit besonderen Rabatten an die Händler weitergegeben - so wie in der aktuellen Krise mit den hohen Überkapazitäten einiger Hersteller. Auf diesem Weg versuchen sie, die Nachfrage frühzeitig zu steuern, ohne ihre Produktion zu stoppen.

- Bei IMPORTEUREN kommt noch ein Faktor dazu: Um unabhängiger von Wechselkursen und Transportkosten zu sein, schieben sie eher Autos an, die sie vor Ort - also in der EU - bauen. So gibt ein bekannter asiatischer Hersteller auf importierte Mittelklassewagen derzeit nur einige hundert Euro Modellrabatt. Dagegen gibt es auf Autos, die aus einem EU-Werk gerollt sind, zum Teil mehr als sechsmal so viel.

- Zu den großen Preisunterschieden zwischen einzelnen Autohäusern führen LEISTUNGSBEZOGENE PRÄMIEN. Die bekommt der Händler, wenn er in einem bestimmten Zeitraum eine vereinbarte Zahl an Verkäufen erreicht oder übertrifft. Mit guten Geschäften kann er so bei einem Mittelklassehersteller mehrere Hundert Euro Rabatt auf neue Wagen zusammenbekommen. Im Oberklassebereich kann es deutlich mehr sein, denn die Boni orientieren sich üblicherweise am Wert der Autos. Die Prämie kann der Händler als zusätzlichen Rabatt an den Kunden weitergeben - oder sich selbst als Gewinn in die Tasche stecken.

- Weil diese Vorgaben in bestimmten ZEITFENSTERN erfüllt sein müssen, kann es kurz vor dem Stichtag bunt werden: Dann gibt ein Händler seinem Kunden unter Umständen Rabatte weit jenseits seiner Schmerzgrenze, wenn ihm nur ein verkauftes Auto - womöglich eine ganz bestimmte Modellausführung - für die nächste Prämienstufe fehlt.

- Oben drauf gibt es eine ganze Reihe von SONDERPRÄMIEN: Ein Extra-Rabatt ist drin, wenn der Kunde vorher eine andere Marke gefahren ist und wechselt. Diese Eroberungsprämie gilt oft aber nur beim Kauf bestimmter Modelle. Manche Baureihen bekommen zum Jahresende außerdem einen zusätzlichen Nachlass, wenn der Hersteller bestimmte Absatzzahlen erreichen will. In beiden Fällen sind mehrere hundert Euro bei Mittelklasseautos durchaus üblich.

- Um die ZULASSUNGSSTATISTIKEN in die Höhe zu treiben, stellen Hersteller ihren Händlern auch schon mal neue Modelle vor dem offiziellen Verkaufsstart auf den Hof - unter der Bedingung, dass die Wagen bis zu einem bestimmten Stichtag zugelassen sind. Dazu müssen die Autos oft nicht mal verkauft werden. Es genügt, wenn sie als Eigenzulassung auf den Händler angemeldet werden, Hauptsache sie zählen für die Statistik. Weil solche Eigenzulassungen beim Verkauf selbst dann als Gebrauchtwagen zählen, wenn sie keinen Kilometer gefahren sind, hat der Händler hier zusätzlichen Rabattspielraum. 2012 dürften mehr als 800 000 solcher jungen Gebrauchten, die beim Verkauf kürzer als ein Jahr angemeldet waren, den Besitzer wechseln.

- All diese flexiblen Nachlässe und Prämien legen die Hersteller üblicherweise zum QUARTALSBEGINN fest. Ändert sich die Marktlage, können die Bedingungen aber auch kurzfristig angepasst werden. Für die Händler bedeutet das: Sie können einem Kunden am Ende eines Vierteljahres häufig nicht mal eine Preisgarantie für die nächsten Wochen geben - denn bis dahin können die Prämien und Konditionen der Hersteller schon wieder ganz anders aussehen.

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