Manipulierter Tacho ist ein Mangel - Rückgaberecht

München (dpa/tmn) - Bei 30 Prozent der hierzulande gehandelten Gebrauchtwagen ist nach ADAC-Schätzung der Kilometerstand gefälscht. Autokäufer können Betrügern nur schwer auf die Schliche kommen.

Fliegt der Schwindel auf, stehen ihre Chancen gut, ihr Geld wiederzusehen.

Manchmal fliegt der Schwindel bei einer Inspektion oder Reparatur plötzlich auf: „Der Kilometerstand ihres Wagens wurde manipuliert“, bekommen Autobesitzer dann von aufmerksamen Werkstattmitarbeitern zu hören. Beim Gebrauchtwagenkauf sind sie Betrügern aufgesessen: Die angezeigte Laufleistung des Autos wurde verringert, um mehr Geld dafür herauszuschlagen. „Fällt ein Tachobetrug im ersten Jahr nach dem Kauf auf, stehen die Chancen für die Autobesitzer gut, den Kaufpreis zurückzubekommen - vor allem wenn sie den Wagen vom Händler haben“, sagt ADAC-Rechtsexperte Ulrich May.

„Ein manipulierter Tacho ist ein Sachmangel am Fahrzeug“, erläutert May. Und dafür müssen Autohändler mindestens ein Jahr lang haften. „Auch dann, wenn sie von dem gefälschten Kilometerstand selbst gar nichts wussten“, betont der Jurist.

Private Autoverkäufer können die Sachmängelhaftung vertraglich ausschließen. Das macht die Rückgabe eines Fahrzeugs mit geändertem Tachostand laut May schwieriger, aber nicht unmöglich: „Der Käufer muss dem Verkäufer dafür beweisen, dass dieser von der Manipulation gewusst und diese arglistig verschwiegen hat.“ Sein Tipp: Wenn das Auto noch weitere Vorbesitzer hat, lässt sich mit deren Hilfe und etwas Glück womöglich eine realistische Laufleistung rekonstruieren, um den Betrug nachzuweisen.

Die vom ADAC angenommene Zahl der Tachobetrugsfälle ist erschreckend hoch: Der Münchner Automobilclub schätzt, dass „der Kilometerstand bei rund 30 Prozent der Gebrauchtwagen, die in Deutschland jährlich den Besitzer wechseln, manipuliert ist.“ 2011 dürfte demnach bei gut 2 Millionen Fahrzeugen die Laufleistung vor dem Verkauf „geschönt“ worden sein. Bei Autos mit digitalem Kilometerzähler ist das dem ADAC zufolge binnen 30 Sekunden möglich.

Die Gefahr für Gebrauchtwagenkäufer, Tachobetrügern auf den Leim zu gehen, ist somit ziemlich groß. „Und Laien haben leider kaum eine Chance, einen manipulierten Wagen zu erkennen“, gibt May zu bedenken. Ein gutes Indiz dafür, dass der Kilometerstand eines Autos stimmt, sei ein lückenlos gepflegtes Serviceheft. „Doch Vorsicht: Dieses Dokument könnte gefälscht sein.“

Schon beim leisesten Verdacht einer Tachoschwindelei sollten Gebrauchtwagenkunden das Auto vor dem Kauf deshalb einem unabhängigen Sachverständigen vorführen. Oder sie versuchen, den früheren Besitzer ausfindig zu machen, und erkundigen sich nach der Laufleistung, mit der dieser den Wagen beim Händler abgegeben hat. Grund zur Skepsis geben bei der Besichtigung vermeintlich wenig gelaufener Fahrzeuge laut May zum Beispiel stark abgegriffene Lenkräder und Schaltknüppel, verschlissene Sitze oder andere deutliche Gebrauchsspuren.

„Kommt ein Gebrauchtwagengeschäft zustande, sollte der Käufer grundsätzlich darauf bestehen, dass im Vertrag die exakte Laufleistung des Autos notiert wird und nicht nur der Vermerk: Kilometerstand abgelesen“, betont May. Das erleichtere die Beweisführung, wenn im Nachhinein ein Tachobetrug bemerkt wird.

Der ADAC fordert schon länger von den Autobauern, dass diese die Kilometerzähler ihrer Modelle vor technischer Manipulation schützen. Laut dem Automobilclub ließe sich das für wenige Euro pro Fahrzeug realisieren. Das sei noch nicht geschehen, weil sich die Hersteller für den Gebrauchtwagenmarkt kaum interessieren würden, sagt ein ADAC-Sprecher.

Nach Berechnungen des Autoclubs entsteht jedem Autokäufer, der einen Gebrauchten mit manipuliertem Tacho erwischt, durch den geringeren Fahrzeugwert im Schnitt ein Schaden von rund 3000 Euro. Hinzu kämen weitere Kosten, weil für ältere Autos meist mehr Wartungs- und Reparaturkosten anfielen.

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