Punkteabbau durch Seminar lohnt nicht mehr in jedem Fall

Berlin/Hamburg (dpa/tmn) - Durch den Besuch spezieller Seminare können Autofahrer derzeit noch ihren Punktestand in der Flensburger Verkehrssünderkartei verringern. Die Chance ist bald vorbei - denn um den „Lappen“ abzugeben, braucht es demnächst weniger Punkte.

Wer jetzt noch die Chance zum Punkteabbau nutzen will, sollte prüfen, ob sich der Seminarbesuch für ihn lohnt. Das rät die Hamburger Verkehrsrechtsanwältin Daniela Mielchen. Denn künftig soll diese Möglichkeit wegfallen - das sieht die geplante Reform des Punktesystems vor, die das Bundeskabinett jetzt auf den Weg gebracht hat.

Der Grund: Das neue System sieht vor, dass Verkehrsdelikte nicht mehr mit 1 bis 7 Punkten bewertet werden, sondern je nach Schwere nur noch mit 1 bis 3 Punkten. Der Führerschein wäre dann schon nach 8 statt wie bisher nach 18 Punkten weg. „Die bisher angesammelten Punkte werden den Plänen nach auf das neue System umgerechnet“, erklärt Mielchen. Zum Beispiel würden Autofahrer mit derzeit 8 bis 10 Punkten künftig mit 4 Punkten in der Kartei aufgeführt. Deshalb lohne der Punkteabbau voraussichtlich nicht mehr in jedem Fall, erklärt die Anwältin.

Baut ein Autofahrer mit 10 Punkten etwa 2 Punkte ab, habe er danach 8 Punkte, würde nach dem neuen System aber in jedem Fall mit 4 Punkten geführt - egal, ob er ein Seminar zum Punkteabbau besucht habe oder nicht. „Autofahrer sollten also genau nachrechnen, bevor sie ein Seminar besuchen“, rät Mielchen. Kalkuliert werden sollte auch, dass Punkte für Verkehrsverstöße, die nicht die Sicherheit gefährdet haben, gelöscht werden sollen.

Nach aktueller Rechtslage haben Autofahrer einmal in fünf Jahren die Chance, durch ein freiwilliges Aufbauseminar Punkte abzubauen. Die Seminare werden von vielen Fahrschulen für rund 250 bis 350 Euro angeboten, sagt Mielchen. Ein Seminar besteht aus vier Sitzungen à 135 Minuten und einer 30-minütigen Fahrprobe.

Durch den freiwilligen Seminarbesuch lassen sich derzeit noch 4 Punkte tilgen, sofern nicht mehr als 8 Punkte in der Verkehrssünderkartei vermerkt sind. Wer weniger als 14 Punkte auf dem Konto hat, kann durch ein Aufbauseminar immerhin noch 2 Punkte abbauen. Ab 14 Punkten müsse ein Aufbauseminar besucht werden, für das es allerdings keinen Punkteabzug gebe, so Mielchen.

Von der Punktereform erhofft sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) mehr Transparenz, Gerechtigkeit und Verkehrssicherheit. Zum Beispiel soll es künftig für nicht sicherheitsrelevante Delikte, wie die Fahrt in eine Umweltzone ohne gültige Plakette, keine Punkte mehr geben. Auch soll jeder Verstoß einzeln verjähren: Punkte für Straftaten mit Führerscheinentzug nach elf Jahren, für solche ohne Führerscheinverlust nach sechs Jahren und für Ordnungswidrigkeiten nach sechs bis drei Jahren.

Im Zuge der Reform sollen bestimmte Bußgelder angehoben werden, etwa für Verstöße wie Handy-Telefonate am Steuer oder das Einfahrern in Umweltzonen ohne Plakette. Kritik kam unter anderem vom Auto Club Europa (ACE), der keine substanzielle Verbesserung sieht. Das neue System sei nicht minder kompliziert. „Für die Öffentlichkeit erschließt es sich immer noch nicht, worin der Vorteil dieser Art von Punktereform liegen soll“, sagte ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner.

Bundestag und Bundesrat müssen der Reform noch zustimmen - ob die Länder das Gesetz passieren lassen werden, ist noch unklar. Inkrafttreten wird die Reform voraussichtlich nicht vor Anfang 2014.

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