Selbsthilfe unmöglich? Für Auto-Pannen wappnen

München/Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Wenn der Wagen unterwegs liegenbleibt, dann hilft oft nur der Pannendienst weiter. Doch manche Probleme können auch bei modernen Fahrzeugen selbst gelöst werden - trotz der überbordenden Elektronik.

Die Älteren können sich wohl noch daran erinnern: Es gab eine Zeit, da gehörte es fast zum guten Ton, kleine Reparaturen an seinem Fahrzeug selbst zu erledigen. Die Technik von VW Käfer oder Trabant war einfach aufgebaut, Vergaser oder Keilriemen gaben Menschen mit technischem Grundverständnis keine unlösbaren Rätsel auf. So gelang es vielen, ihren Wagen im Fall einer kleineren Panne selbst wieder flott zu machen.

Und heute? „Das Kernproblem ist, die Ursache eines Defekts ohne Diagnosegerät zu erkennen“, beschreibt Sabine Götz vom Automobilclub von Deutschland (AvD) die Auswirkungen der Elektronik in modernen Autos. Thomas Geis von der Fahrzeugakademie Schweinfurt fügt hinzu: „Als Nicht-Fachmann finden Sie heute unter der Motorhaube in der Regel noch nicht einmal die einzelnen Bauteile.“

Bleibt den Besitzern neuerer Fahrzeuge also nur noch übrig, Abschlepp- oder Hilfsdienst anzurufen, wenn der Wagen unterwegs Probleme macht? Betrifft der Schaden elektronische Bauteile, gilt ein klares: Finger weg. Wer nicht weiß, was er tut, könne hier den Schaden noch vergrößern, warnt Maximilian Maurer vom ADAC in München: „Moderne Fahrzeuge nehmen laienhafte Reparaturversuche oft übel.“ Er rät dazu, die eigenen Grenzen im Blick zu behalten.

Doch ein paar Eingriffe sind auch heute noch möglich: einen Reifen wechseln zum Beispiel. Dabei sollte darauf geachtet werden, den Ort des Geschehens durch Warndreieck, Warnblinker und reflektierende Weste abzusichern. Doch es gibt auch beim Wechsel des Pneus Tücken: Wagenheber arbeiten nach vielen verschiedenen Funktionsprinzipien. Vorheriges Ausprobieren ist also angesagt.

Als Nebeneffekt findet man so auch heraus, ob der Radmutternschlüssel im Bordwerkzeug ausreicht, oder ob besser im Zubehör ein stabileres Exemplar erworben werden sollte. Solche Schlüssel gibt es auch mit ausziehbaren Verlängerungen. Für das Lösen der Radschrauben wird dann weniger Kraft benötigt.

Was gehört sonst noch mit ins Gepäck, um die Chance auf erfolgreiche Selbsthilfe zu erhöhen? Technik-Fachmann Geis zählt auf: „Ein Satz Ring-Maul-Schlüssel in den gängigsten Größen, um Schrauben lösen und festziehen zu können, Schraubendreher, eine Kombizange, einen Meter Draht, eine Rolle Isolierband, eine Taschenlampe, einen Satz Glühlampen und einen Liter Öl.“

Mit Draht und Band könnten zum Beispiel lose Teile notdürftig wieder befestigt werden. Mit dem Klebeband ließen sich kleinere Leckagen zumindest für den Weg in die Werkstatt abdichten. Auch ein ausreichend dickes Starthilfekabel oder ein Abschleppseil können im Fall eines Falles helfen, sagt Geis. „Bei modernen Fahrzeugen ist die Öse für das Abschleppseil in der Regel unter einer Abdeckung versteckt. Wenn die Öse erst angeschraubt werden muss, dann sollte man wissen, dass die Schrauben in der Regel ein Linksgewinde haben.“ Auch die Notentriegelung für Tankklappe und Kofferraum sollten ruhig einmal ausprobiert werden, rät Geis für den Fall, dass die elektronische Zentralverriegelung einmal nicht mehr will.

Wer solche Dinge nicht weiß, der muss nachschlagen. Deshalb raten alle Experten dazu, die Bedienungsanleitung nicht aus dem Wagen zu entfernen. „Bei den heutigen Autos kann die durchaus 180 Seiten dick sein“, sagt ADAC-Mann Maurer. „Trotzdem kann man sie ruhig einmal ganz lesen, vielleicht an einem regnerischen Wochenende.“

Denn in dem Handbuch steht noch mehr Sinnvolles: zum Beispiel, ob und wie man Glühlampen am Fahrzeug selbst wechseln kann. Und auch, was die einzelnen Warnlampen im Armaturenbrett bedeuten: Bei welchen Warnhinweisen muss man den Wagen schnellstmöglich abstellen? Und bei welchen kann man es riskieren, noch ein paar Kilometer zu fahren? Maurer skizziert die Faustregel: „Fehlt Öl oder wird das Kühlwasser zu heiß, dann kann der Motor schon nach wenigen 100 Metern Fahrt Schaden nehmen.“ Leuchtet dagegen die Warnlampe für Antiblockiersystem (ABS) oder Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP), dürfe vorsichtig noch die Werkstatt angesteuert werden.

Wer sich tiefer in die Technik einarbeiten will, der kann auch zu einem Selbsthilfe-Buch à la „So wird's gemacht“ greifen, die für fast alle gängigen Fahrzeugmodelle verfügbar sind. „Nach der Lektüre ist zu empfehlen, die ersten Schrauber-Versuche in sogenannten Selbsthilfe-Werkstätten durchzuführen“, rät Götz. „Dort ist in der Regel ein kompetenter Mechaniker vor Ort, der unterstützen und anleiten kann.“ Alternativ können die wichtigsten Handgriffe in Kursen erlernt werden, wie sie TÜV, Dekra oder die Deutsche Verkehrswacht gelegentlich anbieten. Eine Grundregel gilt jedoch immer: Sicherheitsrelevante Teile vor allem an Bremsen und Lenkung sollten für Laien tabu sein.

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