BMW 2er Gran Tourer: Raum für Neues

Berlin (dpa-infocom) - 33 000 Verkäufe in nicht mal einem halben Jahr und 75 Prozent Neukunden - der Erfolg des Active Tourer hat BMW auf den Geschmack gebracht. Deshalb legen die Bayern jetzt nach und bieten ihren ersten Van ab Juni auch als Gran Tourer an.

Das untypischste BMW-Modell

Der Gran Tourer ist mit seinem Frontantrieb und drei Zylindern das untypischste Modell in der BMW-Palette. Das gibt es für Preise ab 26 950 Euro mit einer 21 Zentimeter gestreckten Karosserie und der Option auf eine dritte Sitzreihe. So wird aus dem vielleicht sportlichsten Van in der Kompaktklasse gar vollends ein Kinderwagen für die solvente Großfamilie.

Haben die Bayern beim Active Tourer noch ein wenig auf das Design geachtet, wird die Form beim großen Bruder der Funktion gar vollends untergeordnet. Mögen die Designer auch zwei Endrohre ans Heck gebaut und ein paar Sicken in die Seite gepresst haben - mit den senkrechten Flanken, dem um fünf Zentimeter angehobenen Dach und vor allem mit der kantigen Kehrseite sieht der Garn Tourer aus wie ein Kastenwagen im feinen Zwirn und gewinnt keinen Schönheitspreis.

Variable Sitzlandschaft für Sieben

Dafür bietet er innen spürbar mehr Raum für neue Möglichkeiten: Weil der Radstand um elf Zentimeter gestreckt wurde, kann man die in den Sitzkissen zweigeteilte Rückbank um 13 Zentimeter verschieben. Weil die hinteren Türen mitgewachsen sind, lässt es sich leichter einsteigen. Und weil auch das Heck zehn Zentimeter länger wurde, ist der Kofferraum deutlich größer. Er schluckt jetzt bis zu 1905 Liter und bietet so viel Platz, dass man für 790 Euro Aufpreis eine dritte, im Wagenboden versenkbare Sitzreihe mitbestellen kann. Die taugt zwar nur für Kinder, und die müssen beim Einsteigen ganz schön gelenkig sein. Aber besser als im X5 funktioniert das allemal. Sonst bietet BMW überhaupt keinen Siebensitzer an.

Es sind ohnehin nicht allein die Platzverhältnisse, die den Gran Tourer zur perfekten Familienkutsche machen. Es sind vor allem die vielen pfiffigen Details. Es gibt Ablagen mit einem Volumen von fast 40 Litern und wirklich in jeder Ecke eine Handvoll Halterungen für allen erdenklichen Kleinkram. Selbst die Passagiere in der dritten Reihe haben eigene Becherhalter. Wer in der zweiten Reihe sitzt, findet dort auf Wunsch vor sich einen höhenverstellbaren Maltisch und in der Mittelarmlehne ein Fach für Buntstifte. Wer des Malens müde ist, der startet die neue „MyKidio“-App, die über 1000 Kinderfilme ins Auto holt.

Sportlicher, als es dem Nachwuchs lieb ist

Während der Nachwuchs beschäftigt ist, kann man sich in der ersten Reihe aufs Fahren konzentrieren - und stellt überrascht fest, dass der Spaß bei so einer Familienkutsche nicht vollends auf der Strecke bleibt. Eine flotte Landpartie mit dem 75 kW/100 PS starken Basis-Benziner oder mehr noch mit dem 214d mit 70 kW/95 PS mag man sich zwar nicht vorstellen. Doch wenn man bei mittelfristig drei Benzinern und vier Dieseln am oberen Ende einsteigt und zum Beispiel den 220i mit Automatik wählt, wird man doch noch zum Power-Papi.

Kein Wunder bei 141 kW/192 PS, bis zu 280 Newtonmeter, einem Sprintwert von 7,6 Sekunden und 222 km/h Spitze. Selbst wenn die Sitzposition nicht ganz so sportlich und der Schwerpunkt etwas höher ist, es bisweilen in der Lenkung zerrt und die Elektronik ordentlich nachregeln muss, kann man mit dem Gran Tourer noch immer sportlicher fahren, als man es den Hinterbänklern zumuten sollte.

Typisch BMW - spätestens bei den Preisen

In der Basis nur drei Zylinder, den Antrieb an der falschen Achse und das Dach fast so hoch wie bei einem Lieferwagen - da müssen Zweifel an der Herkunft dieses BMW schon erlaubt sein. Bis man in die Preisliste schaut. Erstens finden sich dort neben dutzenden Assistenz- und Infotainment-Systemen auch offenbar unverzichtbare BMW-Extras wie Sportsitze oder ein strammeres Fahrwerk. Zweitens ist sie genauso lang wie bei jedem anderen Auto aus München.

Zwar beginnt die Preisliste bei halbwegs familienfreundlichen 26 950 Euro. Doch ist es selbst bei der Familienkutsche ein Kinderspiel, den Preis zu verdoppeln. Spätestens in dieser Disziplin ist der Gran Tourer ein BMW wie jeder andere.

Fazit: Van schon, denn schon

Mit dem Ausflug ins Van-Segment hat BMW so manchen Stammkunden verprellt und die selbst gewählten Markenwerte bis zum Zerreißen gedehnt. Doch wo der Active Tourer noch ein halbherziger Kompromiss ist, haben sie die Familienfreundlichkeit beim Gran Tourer wenigstens zu Ende gedacht. Das Design ist noch schwieriger und der Fahrspaß noch eingeschränkter. Dafür fordert er wenigstens sonst keine Einschränkungen: Wenn schon Van, dann so.

Datenblatt: BMW 220i Gran Tourer

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

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