Cadillac ATS: Vom Highway auf die Autobahn

Berlin (dpa-infocom) - Von wegen 'big is beautiful'! Auch die Amerikaner erkennen so langsam, dass kleiner manchmal feiner ist - und stutzen deshalb sogar ihre Straßenkreuzer zurecht. Das jüngste Beispiel ist der Cadillac ATS.

Die noble GM-Tochter Cadillac tritt mit dem ATS erstmals ernsthaft gegen Autos wie den 3er BMW und die Mercedes C-Klasse an. Nicht wie früher von einem großen Opel-Modell abgeleitet, sondern von Grund auf neu entwickelt, wechselt der ATS nun vom Highway auf die Autobahn und steht zu Preisen ab 37 500 Euro bei den Händlern.

Handlich mit Heckantrieb

Wie eh und je setzen die Amerikaner bei ihrem Angriff aufs Establishment zunächst auf das Design: Mit dynamischen Linien und scharfen Kanten gezeichnet, gibt der ATS den Charaktertypen und sticht aus dem Einheitslook in der gehobenen Mittelklasse heraus - eine Art Hawaii-Hemd zwischen grauen Business-Anzügen. Aber diesmal hat die 4,64 Meter lange Limousine mehr zu bieten als den auffälligen Auftritt: Sie fährt auch exzellent.

Verantwortlich dafür ist eine neue Plattform, die besonders leicht ist und eine ausgewogene Gewichtsverteilung garantiert. Vor allem ist sie auf den Heckantrieb ausgelegt. Auf diese Weise bleibt die scharfe und präzise Lenkung frei von Antriebseinflüssen, was flotte Kurvenfahrten ermöglicht. Handlich und leichtfüßig, mit einem adaptiven Fahrwerk für jeden Weg gewappnet und auf einen Kompromiss zwischen Komfort und Dynamik getrimmt, macht der ATS Schluss mit vielen Vorurteilen: Er ist keine schwammige Ami-Schleuder mehr, sondern kommt Autos wie dem 3er BMW fahrdynamisch näher als je zuvor.

Vier Zylinder müssen reichen

Auch unter der Haube beginnt mit dem ATS eine neue Zeit. Zumindest in Europa macht Cadillac Schluss mit Sechs- oder gar Achtzylindern. Stattdessen montieren die Amerikaner im ATS einen gerade einmal 2,0 Liter großen Vierzylinder, dem ein Turbolader allerdings 203 kW/276 PS entlockt. Der Motor entwickelt ein maximales Drehmoment von 353 Newtonmetern und geht entsprechend beherzt zur Sache: Von Null auf 100 beschleunigt er die gut 1,5 Tonnen schwere Limousine in 5,9 Sekunden. Sobald die Sechsstufenautomatik ein, zwei Gänge zurückschaltet, wird das Überholen zum Kinderspiel. Nur bei Vollgas wirkt der ATS etwas blasser als die Konkurrenz - bei 240 km/h ist Schluss.

Zwar liegt der Normverbrauch von 8,2 Litern (CO2-Ausstoß: 191 g/km) noch im Rahmen und ist für ein US-Modell sogar vorbildlich. Doch für den Erfolg in Deutschland fehlt dem ATS ein Diesel, der bei der Konkurrenz auf Verkaufsanteile weit über 50 Prozent kommt. Den soll es aber trotzdem nicht geben. Dafür hört man aus Detroit schon von einem ATS-V, der als Sportmodell gegen Autos wie den BMW M3 antreten soll. Außerdem bieten die Amerikaner zumindest die Wahl zwischen Automatik und Schaltgetriebe und bieten den ATS gegen Aufpreis auch mit Allrad an.

Viel Ausstattung für viel Geld

Wo Cadillac bei Konzept und Konstruktion stark nach dem 3er geschielt hat, gehen die Amerikaner im Innenraum ihren eigenen Weg: Großzügig geschnitten und vornehm möbliert, überrascht er mit einem neuartigen Bediensystem in der markanten Mittelkonsole. Dort montiert Cadillac statt Dutzender Schalter und Regler für Klima und Co. nur eine Handvoll Sensorfelder, die auf einen Fingerstreich reagieren. Dazu gibt es einen brillanten Monitor, auf dem man surft wie auf einem Tablet-Computer.

So modern wie das Bediensystem ist auch die Ausstattung: Es gibt neben Leder, Klima und Xenon-Scheinwerfern unter anderem ein Head-up-Display, eine automatische Abstandsregelung samt Notbremsfunktion sowie eine Art elektronisches Schutzschild. Dieses überwacht mit Radarsensoren das Fahrzeugumfeld und zupft in Gefahrensituationen zur Warnung am Sitzkissen des Fahrers. Das alles hat seinen Preis: Schon das Einstiegsmodell des ATS liegt mit 37 500 Euro auf dem Niveau des ähnlich motorisierten 3ers. Wenn man die gehobenen Ausstattungsvarianten und ein paar Extras wählt, kommen schnell mehr als 50 000 Euro zusammen.

Fazit: Ein Amerikaner mit deutschen Tugenden

Er sieht gut aus, fährt gut und ist gut ausgestattet: Selten hat ein US-Auto nicht nur auf dem Highway, sondern auch auf der Autobahn und mehr noch auf einer kurvigen Landstraße so viel Spaß gemacht wie der neue Cadillac ATS. Er ist ein Amerikaner mit deutschen Tugenden, der mehr verdient hätte als die Nischenrolle, auf die er vermutlich auch diesmal wieder abonniert ist.

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