Honda Civic: Die Raumkapsel probt den Neustart

Berlin (dpa-infocom) - Honda probt den Neustart in der Kompaktklasse und bringt gegen Golf und Co. die neunte Generation des Civic in Stellung. Noch ein wenig überdrehter gezeichnet als der Vorgänger sieht er aus wie das Raumschiff von Captain Future.

Der neue Honda Civic sieht nicht nur aus wie ein Raumschiff, dank seiner pfiffigen Bestuhlung geht der Fünftürer auch innen als Raumkapsel durch. Zu haben ist er ab Ende Januar. Die Preise beginnen nahezu unverändert bei 16 950 Euro.

Schrilles Design gegen die Langeweile

Der Auftritt des Civic passt so gar nicht zu seiner Position im Marktgefüge: In der Zulassungstabelle irgendwo im unteren Mittelfeld leicht zu übersehen, leistet sich der Japaner ein schrilles, unverwechselbares Design. Die Silhouette ist betont keilförmig und das Gesicht mit den scharf geschnittenen Scheinwerfern und dem durchbrochenen Stoßfänger wird man so schnell nicht wieder vergessen. Aber am auffälligsten ist die Kehrseite mit der geknickten Heckscheibe und dem feuerroten Kunststoffbalken, mit dem die Rückleuchten aus der Karosse stoßen.

Die größte Stärke des Civic ist wieder sein Platzangebot. Mit 4,30 Metern Länge und einem Radstand von 2,61 Metern liegt es zwar absolut im Mittelfeld seiner Klasse, doch er bietet zum Beispiel den mit Abstand größten Kofferraum. Mit 477 Litern Fassungsvermögen schluckt er rund 100 Liter oder einen Reisekoffer mehr als der Klassenprimus VW Golf. Möglich macht das die Konstruktion des Tanks: Dieser liegt nicht wie üblich unter der Rückbank, sondern unter den Vordersitzen. Das erlaubt noch einen zweiten Kunstgriff. Wie im Kleinwagen Jazz lassen sich deshalb die Sitzkissen der Rückbank aufstellen, so dass man hinter den Vordersitzen sogar ein Fahrrad transportieren kann. Diese Lösung kennt man schon vom Vorgänger.

Weniger Ablagen, mehr Übersicht

Neu sind dagegen die etwas liebevollere Materialauswahl, das vergrößerte Sichtfeld nach hinten sowie das ergonomischere Cockpit. Es gibt zwar noch weniger Ablagen als früher. Dafür sind die Anzeigen jetzt etwas übersichtlicher geworden und die vielen Schalter am Lenkrad sind besser sortiert. Außerdem haben die Japaner die Sicherheitsausstattung unter anderem um eine Abstandsregelung und einen Notbremsassistenten erweitert.

Während der Civic innen durchaus überzeugt, ist der Blick unter die Motorhaube eher enttäuschend. Denn bis Ende nächsten Jahres eine neue Motorenfamilie fertig ist, gibt es erstmal nur bekannte Aggregate. Zur Wahl stehen zwei Benziner mit 1,4 und 1,8 Litern Hubraum und 73 kW/100 PS und 104 kW/142 PS oder ein 2,2 Liter großer Diesel. Er legt knapp zehn Prozent zu und steht jetzt mit 110 kW/150 PS in der Liste.

Nur beim Diesel kommt Spaß auf

Der Diesel ist mit 25 800 Euro unverschämt teuer, dafür schön spritzig. Die Benziner dagegen wirken lahm und lustlos - nicht umsonst setzt die Konkurrenz längst auf Turbo und Direkteinspritzung. Entlockt man dem größeren Motor mit hoher Drehzahl doch ein wenig mehr Elan, quittiert er das mit einem höheren Verbrauch und einer gewissen Lautstärke. Dann wird es im Honda unangenehm laut. Dabei reklamieren die Japaner für den Generationswechsel auch mehr Ruhe und Gelassenheit im neuen Civic.

Das gilt auf jeden Fall für das Fahrwerk. Das wurde so überarbeitet, dass sich der Fünftürer auf schlechten Straßen mit schnellen Kurven nicht mehr ganz so leicht aus der Ruhe bringen lässt. Außerdem wirkt er bei hohem Tempo auf der Autobahn spürbar souveräner. Ebenfalls nachgelegt haben die Japaner beim Verbrauch. Wenn sie schon keine neuen Motoren bieten können, haben sie die alten zumindest soweit optimiert, dass sie bis zu 20 Prozent sparsamer werden. Dabei helfen die serienmäßige Start-Stopp-Automatik für alle Handschalter genauso wie die verbesserte Aerodynamik und der verkleidete Unterboden. So kommt der Diesel auf 4,2 und die Benziner auf 5,4 oder 5,8 Liter. Das entspricht CO2-Werten von 110 bis 132 g/km.

Fazit: Die Revolution in der Kompaktklasse muss warten

Die Revolution, die Honda-Chef Takanobu Ito mit dem neuen Civic versprochen hat, muss vielleicht noch auf die neuen Motoren warten. Und über das Design lässt sich vortrefflich streiten. Doch mit seinem Innenraumkonzept fährt der Civic den Konkurrenten voraus. Anders als bei Golf und Co. ist in diesem Fahrzeug die Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Das macht den Japaner zum Charakterdarsteller.

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