McLaren MP4-12C: Formel-1-Technik für die Straße

Berlin (dpa-infocom) - Passionierte Schnellfahrer mussten lange darauf warten: Fast 20 Jahre nach dem legendären F1 baut McLaren wieder ein Serienauto. MP4-12C heißt der Supersportwagen, mit dem die Briten Formel-1-Technik auf die Straße bringen.

Sportwagen wie dem Ferrari 458, Mercedes SLS, Audi R8 oder Lamborghini Gallardo sagt McLaren mit dem MP4-12C den Kampf an. War der F1 der Briten noch ein sündhaft teurer Exot, der kaum mehr als 100 Mal gebaut wurde, ist sein Nachfolger fast schon ein Kandidat für den Breitensport: 200 000 Euro teuer, sollen von ihm jedes Jahr bis zu 2000 Exemplare entstehen.

Entwickelt mit Formel-1-Profis

Zusammen mit den Formel-1-Profis Lewis Hamilton und Jenson Button entwickelt, ist der MP4-12C der Rennstrecke näher als die meisten anderen Supersportwagen. Das gilt nicht nur für die Karbonkonstruktion, die das Gewicht auf 1,3 Tonnen drückt, oder die ausgefeilte Aerodynamik mit der „Airbrake“, einem riesigen Spoiler, der sich beim Bremsen aufstellt und das Heck fest auf den Asphalt drückt. Auch das adaptive Fahrwerk und das Brake-Steer-System, das den Wagen mit einem radikalen Bremseingriff am inneren Hinterrad förmlich in die Kurve reißt, haben die Briten von ihren Formel-1-Boliden abgeschaut. Sogar der Grip am Lenkrad oder die Kinematik der Schaltwippen sind genau so wie bei Hamiltons Dienstwagen.

Obwohl man den MP4-12C in weniger als 7:30 Minuten um die Nordschleife des Nürburgrings jagen kann, lässt er sich auch komfortabel und entspannt fahren. Wer das Gaspedal nur sachte berührt, rollt gelassen über die Landstraße. Die Automatik wechselt blitzschnell in den siebten Gang und hält die Drehzahl unter 1500 Touren. Das Fahrwerk schluckt selbst übelste Straßenschäden, und der 441 kW/600 PS starke V8-Motor grummelt so verhalten, dass man sich flüsternd mit dem Beifahrer unterhalten kann.

Eigenes Ambiente mit viel Lack und Leder

Bei solchen Fahrten lernt man das Ambiente zu schätzen, das McLaren für den MP4-12C entworfen hat. Wo die Formel-1-Autos von der Funktion diktiert werden und dem Fahrer nur eine Karbonwüste bieten, gibt es hier viel Lack und Leder. Man fährt tief auf der Straße in Sportsitzen, die bei allem Seitenhalt genügend Restkomfort für lange Strecken bieten. Wer erst einmal unter den Flügeltüren hindurchgetaucht und über den breiten Seitenschweller geklettert ist, hat überraschend viel Platz.

Der Blick wechselt zwischen einem kleinen, aber feinen Cockpit und ein paar neuartigen Bedienelementen wie dem ungewöhnlichen Blinkerhebel oder dem senkrecht montierten Navigationssystem. Dabei war McLaren für die kleinen Stückzahlen überaus gründlich: Statt bei anderen Großserienherstellern einzukaufen, wurde alles selbst entwickelt. Selbst der 3,8 Liter große V8-Turbo-Motor wird eigens für McLaren gebaut und nirgends sonst eingesetzt.

Auf Knopfdruck zu einem völlig anderen Auto

Beim gemütlichen Cruisen lässt es sich am Cockpit erfreuen. Doch sobald man Hand an die Schalter für Handling und Powertrain legt und den Gasfuß nur wenig tiefer senkt, hat man für solche Nebensächlichkeiten keinen Blick mehr. Dann wird der Wagen zum Biest, das sich wütend in die Strecke verbeißt. Mit bis zu 600 Newtonmeter Drehmoment katapultiert der im Heck montierte Achtzylinder den Wagen nach vorn und drückt den Fahrer so tief in den Sitz, dass ihm fast die Luft wegbleibt. Kaum hat man wieder Atem geholt, steht der Tacho schon weit jenseits von 100 km/h. Wer den Fuß lange genug stehen lässt, schafft mehr als 330 km/h.

Mit zwei Drehschaltern auf der Mittelkonsole justiert man Fahrwerk und Antrieb erst für den Sport- und dann für den Renneinsatz - und der McLaren wird zu einem völlig anderen Auto. Die Gänge wechseln fast schneller als die Leuchtanzeige, und wenn der Motor bis weit über 8000 Touren dreht und das Soundsystem den Innenraum flutet, versteht man sein eigenes Wort nicht mehr. So - oder zumindest so ähnlich - könnte es sich anfühlen, wenn Lewis Hamilton und Jenson Button jetzt wieder um den Formel-1-Titel fahren.

Fazit: Die Orderbücher sind voll

Aber ist dieses Gefühl Grund genug, 200 000 Euro für ein Auto auszugeben? Offensichtlich schon. Wer am Erfolg des MP4-12C zweifelt, dem zeigen die Briten stolz ihre Orderbücher. Obwohl bislang noch kaum jemand den Zweisitzer sehen, geschweige denn fahren konnte und 200 000 Euro wahrlich nicht wenig sind, werden diese immer voller, sagt Pressesprecherin Lina Siep: „Für dieses Jahr jedenfalls ist die Produktion schon weitgehend verkauft.“

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