Mercedes A-Klasse: Wie von einem anderen Stern

Berlin (dpa-infocom) - Mercedes erfindet sich neu - zumindest in der Kompaktklasse. Die Schwaben sind bislang mit braven, biederen und behäbigen Autos hinterhergefahren. Nun wollen sie mit Chic und Sportlichkeit an Audi A3 und 1er BMW vorbeiziehen.

Erster Coup dieser Eroberungsstrategie ist die neue A-Klasse, die im September zu Preisen knapp unter 24 000 Euro an den Start geht. Gemessen am Vorgänger wirkt die neue A-Klasse wie ein Auto von einem anderen Stern. Sie ist 16 Zentimeter niedriger als früher, hat eine für einen Fronttriebler überraschend lange Haube, lässt an den Flanken die Muskeln spielen und steht von hinten betrachtet so breit auf der Straße wie ein Sportwagen.

Dazu gibt es ein paar auffällige Details wie die riesigen, aus der Karosserie herausragenden Heckleuchten, sowie gegen Aufpreis einen sogenannten Diamantgrill. Er kommt von der vorausgehenden Designstudie und lässt Hunderte kleiner Metallplättchen funkeln.

Hinterbänkler müssen sich klein machen

In der ersten Reihe ist der neue Zuschnitt ein echter Gewinn. Zwar büßt man durch den spürbar niedrigeren Aufbau ein wenig an Übersicht ein. Auch die Rücksicht wird von den breiten Blechen und dem schmalen Fenster getrübt. Doch gegenüber dem Vorgänger fühlt man sich im Neuen mitten drin im Geschehen. Die Hinterbänkler dagegen müssen sich beim Einsteigen nun etwas kleiner machen, weil die Türen stärker beschnitten sind und das Dach eingezogen ist.

Aber wer im Fond angekommen ist, genießt doch überraschend viel Kopf- und Kniefreiheit. Auch der Kofferraum geht mit 341 Litern Volumen in Ordnung. Außerdem haben die Schwaben für alle Kunden mit größerem Platzbedarf eine neue B-Klasse im Programm. Die kostet etwa 2000 Euro mehr und bleibt der Idee vom Hochdachkonzept beim Generationswechsel treu.

Vorsicht bei der Ausstattung

Anders als beim Vorgänger und der aktuellen B-Klasse ist das liebevolle und hochwertige Ambiente. Wer genug Kreuzchen auf der Optionsliste macht und die richtigen „Lines“ oder Pakete auswählt, kann den Kompaktwagen zum ambitionierten Designerstück aufrüsten. Dann gibt es Sportsitze mit integrierten Kopfstützen, Karbongeflecht auf den Konsolen und rot glühende Zierringe in den Lüftungsdüsen. Allerdings sollte man vorsichtig dosieren: Mit zu vielen Extras wirkt die A-Klasse schnell überladen.

Das Geld kann man stattdessen in fast so viele Assistenzsysteme investieren wie in der S-Klasse. Innovationen wie der radargestützte Kollisionswarner sind Standard, gegen Aufpreis gibt es eine Verkehrszeichenerkennung, Totwinkel- und Spurhaltehelfer oder einen Parkroboter. Oder man gibt das Geld für eine neue Generation von Infotainment-Systemen aus. Sie bieten nicht nur eigene Apps und einen Internetzugang, sondern erstmals auch eine iPhone-Integration.

Fünf Motoren und ein Sportfahrwerk

Zum Start gibt es drei Benzinmotoren und zwei Diesel, die ein Leistungsspektrum von 80 kW/109 PS bis 155 kW/211 PS abdecken. Sie sind allesamt neu in der Baureihe und bei gestiegener Leistung bis zu 26 Prozent sparsamer als früher. Die genügsamste A-Klasse kommt im Normzyklus mit 3,8 Litern Diesel (CO2: 98 g/km) aus.

Doch wer den von Mercedes versprochenen „Pulsschlag einer neuen Generation“ so richtig spüren will, nimmt am besten das Topmodell A 250. Sein Vierzylinder-Turbo entwickelt immerhin bis zu 350 Newtonmeter, mit denen die A-Klasse so dynamisch fährt, wie sie aussieht. Geregelt von einer schnell schaltenden Doppelkupplungsautomatik beschleunigt er den Wagen in 6,1 Sekunden auf Tempo 100 und schafft 240 km/h.

Zum 250er empfiehlt sich das Sportfahrwerk, das Mercedes optional für jede Motorvariante anbietet. Knapp zwei Zentimeter tiefer als normal, mit direkterer Lenkung und strafferen Federn, vermittelt es ein noch besseres Gefühl für die Fahrbahn. Damit hat man die A-Klasse buchstäblich fest in der Hand und schneidet scharf und sauber durch die Kurven. Trotzdem: Konsequent zu Ende gedacht haben die Schwaben die Sache mit der Sportlichkeit nicht. Sonst hätten sie wie die Konkurrenz eine verstellbare Fahrwerksregelung und einen Starterknopf einbauen lassen.

Fazit: Frisch aus dem Jungbrunnen

Schnittiger gezeichnet, liebevoller ausgestattet, sportlicher abgestimmt und aggressiver vermarktet - so fährt Mercedes mit der A-Klasse erfolgreich durch den Jungbrunnen. Natürlich nehmen die Schwaben den Mund ziemlich voll und hauen ordentlich auf die Pauke. Aber für eine derart konservative Marke ist der Kleine tatsächlich eine kleine Revolution. Die Welt der Kompaktklasse wird der Neuling trotzdem nicht aus den Angeln heben. Denn Eleganz, Dynamik, Intelligenz und Effizienz findet man auch bei der Konkurrenz.

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