Mercedes B-Klasse electric drive: Stern unter Strom

Berlin (dpa-infocom) — BMW hat den revolutionären i3, VW den elektrischen Golf, Audi den A3 mit Plug-In-Technik. Und Mercedes? Die Schwaben setzen die B-Klasse unter Strom und schicken sie im Herbst in Deutschland in den Handel.

Mercedes B-Klasse electric drive: Stern unter Strom
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Bislang hatte Mercedes auf die Frage nach einem Elektroauto nur den Verweis auf den superteuren SLS ed und den winzigen Smart als Antwort. Der war zwar das erste Akku-Auto eines deutschen Herstellers im freien Verkauf, aber eben kein Mercedes. Doch so langsam macht sich die B-Klasse bereit, dem e-Golf und dem i3 hinterher zu surren. Im Frühjahr kommt sie in Amerika und im Herbst in Deutschland in den Handel.

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Späte Ehre für den Sandwichboden

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Die Entwickler profitieren endlich von einem Konzept, das schon vor zwei Fahrzeuggenerationen umgesetzt wurde: dem Sandwichboden. Damals ungeliebt, weil nutzlos, schlecht für den Schwerpunkt und ein Fluch fürs Design, wird dieser doppelte Boden jetzt zum „Energyspace“ und ist der perfekte Platz für die Lithium-Ionen-Akkus.

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Diese liegen unter den Sitzen und sichern eine stabile Straßenlage - selbst wenn die 200 bis 300 Kilo Mehrgewicht ein gewisse Herausforderung für den Federungskomfort sind. Das ist auch so ziemlich der sicherste Platz im Auto. Obwohl die Zellen vom Elektroauto-Pionier Tesla stammen, wo drei brennende Model S kürzlich für Schlagzeilen gesorgt haben, machen sich die Entwickler keine Sorgen um die Brandgefahr in der B-Klasse.

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Strom für 200 Kilometer

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Die knapp 4000 Akkuzellen haben eine Kapazität von 28,5 kWh und sollen für mehr als 200 Kilometer reichen, verspricht Mercedes und liegt damit auf dem Niveau der Konkurrenz. Auch der i3 kommt mit einer Akkuladung bis zu 200 und der elektrische Golf 190 Kilometer weit. Die Ladezeit gibt Mercedes mit etwa zehn Stunden an. Allerdings kann man an einer Schnellladesäule binnen 1,5 Stunden den Strom für 100 Kilometer tanken. Außerdem haben die Schwaben eine Art elektronischen Range Extender programmiert: Mit einer Taste im Cockpit lässt sich die nutzbare Kapazität der Batterie ausnahmsweise erhöhen und die Reichweite so um bis zu 15 Prozent verlängern.

Von alldem bekommt man beim Fahren nichts mit. Denn ein paar zusätzliche Grafiken für den Bordcomputer und ein neues Instrument im Cockpit, das statt der Drehzahl die Leistungsabgabe des Motors anzeigt, sind alles, was die elektrische B-Klasse vom Serienmodell unterscheidet. Die Platzverhältnisse sind unverändert, der Kofferraum ist fast gleich groß und sogar beim Design machen die Schwaben nur marginale Unterschiede. Wo sich der i3 schon von weitem als ein andersartiges Auto outet, stromert die B-Klasse genau wie der Golf unter der Tarnkappe. Bei den Nachbarn glänzt man deshalb nur dann als fortschrittlich, wenn man die Ladesäule vor die Tür stellt.

Beim Anfahren wird der Stromer zum Sportler

Spätestens beim ersten Tritt auf das Fahrpedal sind aber alle Zweifel verfolgen. Ja, das ist ein Elektroauto. Und was für eines. Nicht nur still, sondern vor allem spurtstark zieht die B-Klasse ed von der Ampel weg. Immerhin hat die E-Maschine 130 kW/177 PS und geht von der ersten Umdrehung an mit 340 Nm zu Werke. Kein Wunder, dass diese B-Klasse in 7,9 Sekunden von 0 auf 100 sprintet und dabei flotter wirkt als die Verbrenner. Und mit einem elektronischen Limit von 160 km/h fährt sie auch E-Golf und i3 davon.

Wie schwungvoll der Stromer fährt und vor allem, wie stark er wieder verzögert, das kann der Fahrer selbst bestimmten: Zum Schonung der Reichweite gibt es einen Eco-Modus, mit dem das Fahrpedal spürbar träger reagiert. Und zur Verlängerung der Reichweite kann man den Grad der Rekuperation in drei Stufen variieren und so mitbestimmen, wie stark der E-Motor bremst und wie viel Strom er dadurch erzeugt — vom Leerlauf-Segeln bis zum spürbaren Bremseingriff.

Fazit: Ein Nachzügler mit großen Chancen

Sie fährt prima und kommt dem konventionellen Auto mit Fahrleistungen und Reichweite wieder ein Stück näher. Ob die B-Klasse damit eine Chance hat, wird nicht zuletzt der Preis entscheiden. Den will Mercedes in ein paar Monaten verraten. Zumindest für die USA haben die Stuttgarter schon eine Hausnummer genannt. Sie wollen dort bei „knapp 40 000 Dollar“ starten. Das sind rund 1500 Dollar weniger als beim i3. Übertragen auf Deutschland würde dieser Abstand zu einem Preis von 33 000 Euro führen. Damit wäre der Stromer — und das ist neu in der Welt der Elektroautos — nicht einmal die teuerste Variante in der Modellpalette. Wenig Einschränkungen im Alltag, genügend Platz und konkurrenzfähig kalkuliert — so hat die B-Klasse gute Chancen, das Feld von hinten aufzurollen. Dafür hat sie aber auch lange genug Anlauf genommen.


Datenblatt: Mercedes B-Klasse Electric Drive

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

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