Opel Ampera: Elektrisch ohne Einschränkung

Berlin (dpa-infocom) - Das Konzept ist zukunftsträchtig: Mit dem Ampera stellt Opel ein Elektroauto vor, dass keine stundenlangen Ladepausen benötigt. Bei der Umsetzung hat sich der Hersteller allerdings ein paar Schwächen erlaubt.

Beim neuen Ampera spart Opel nicht mit großen Worten: „Jetzt hat die Zukunft begonnen“, prahlen die Hessen. Weil er seine Energie während der Fahrt selbst produziert und deshalb keine stundenlangen Ladepausen braucht, ist er in den Augen der Entwickler das erste Elektrofahrzeug mit uneingeschränkter Alltagstauglichkeit und soll dem Auto damit nicht weniger als die Zukunft sichern. Das ist zunächst allerdings ein teures Vergnügen: Weil es in Deutschland für Elektrofahrzeuge keine staatliche Förderung gibt, kostet der Ampera 42 900 Euro und ist damit teurer als manche Insignia-Variante. Dabei liegt der Ampera bei Format und Platzangebot eher auf dem Niveau des nicht einmal halb so teuren Astra.

Große Reichweite dank Strom und Benzin

Angetrieben wird der gemeinsam mit dem Chevrolet Volt entwickelte Ampera von einem Elektromotor mit 110 kW/150 PS, der wie jedes andere E-Mobil aus einem Akku gespeist wird. Dieser hat eine Leistung von 16 kW/h und besteht aus 288 Lithium-Ionen-Zellen. Der Akku ist im Mitteltunnel und unter der Rückbank montiert. Je nach Fahrweise reicht der Strom für 40 bis 80 Kilometer.

Geht der Strom zur Neige, muss der Ampera - anders als konventionelle Elektrofahrzeuge - nicht sofort an die Steckdose: Dann springt der Range Extender an. Dabei handelt es sich um einen konventionellen Benzinmotor mit 1,4 Litern Hubraum und 63 kW/86 PS. Wie ein Notstromaggregat treibt er einen Generator an und erweitert so den Aktionsradius auf mehr als 500 Kilometer. Erst wenn auch der Benzintank leer ist, muss der Ampera für etwa vier Stunden an eine Steckdose - oder für drei Minuten an die Zapfsäule.

Extra-Hupe für Fußgänger und Radfahrer

Dass man in einem Elektroauto fährt, merkt man im Ampera vor allem an der Geräuschkulisse. Denn der Elektroantrieb ist so leise, dass man drinnen nur das Rauschen des Windes und draußen das Pfeifen der Reifen hört. Im Stadtverkehr ist der Ampera deshalb so unauffällig, dass Opel eigens eine Hupe für querende Fußgänger und Radler eingebaut hat.

Beim Fahrverhalten selbst steht der Elektroantrieb einem Benziner in nichts nach. Im Gegenteil: Die Beschleunigung ist spontan wie bei einem Sportwagen, und Schaltrucke kennt das 1-Gang-Getriebe nicht. Allerdings lässt der Elan außerhalb der Stadt spürbar nach. Und bei 161 km/h haben die Ingenieure den Wagen elektronisch limitiert. Aber wer schneller fahren will, fährt auch kein Öko-Auto.

Futuristisches Ambiente im Cockpit

Die Bedienung des neuartigen Antriebs ist denkbar einfach: Anlasser drücken, Automatik-Hebel auf „D“ stellen, Gasgeben und losfahren - mehr braucht es. Allerdings haben die Designer das Cockpit etwas futuristischer gestaltet: Man blickt in zwei Flachbildschirme mit der prominenten Reichweiten-Anzeige, bunten Infografiken und Energiespartipps. Und statt konventioneller Taster und Schalter gibt es in der Mittelkonsole berührungsempfindliche Sensorfelder für Radio, Klima, Navigation und Bordcomputer. Das sieht zwar ungewöhnlich aus, ist aber kinderleicht zu bedienen.

Der flüsterleise Antrieb ist faszinierend. Der Antritt ist imposant. Und das gute Umweltgewissen ist ein angenehmer Beifahrer. Doch bei allem Engagement für die Technik von Morgen haben die Entwickler offenbar ihr Know-how von heute ausgeblendet. In den konventionellen Disziplinen ist der Ampera nämlich eher enttäuschend: So will die billige Materialanmutung im futuristischen Cockpit nicht zum hohen Preis passen.

Gespart an den Assistenzsystemen

Ein weiteres Manko: Die beiden Einzelsitze im Fond bieten wenig Knie- und noch weniger Kopffreiheit. Auch der Kofferraum ist mit 310 Litern für ein 4,49 Meter langes Stufenheck eher mickrig und wegen der hohen Ladekante obendrein schlecht zu nutzen.

Vor allem hätte man sich für das fortschrittlichste Auto im GM-Konzern vielleicht auch ein paar aktuelle Assistenzsysteme gewünscht: Wo der Insignia automatisch den Abstand zum Vordermann hält und der Astra Verkehrszeichen lesen kann, muss man sich beim Ampera mit einem schnöden Tempomaten begnügen.

Fazit: Konkurrenzloses Konzept

Umweltbewegte Überzeugungstäter, fortschrittliche Familienväter und Genießer mit gutem Gewissen lassen sich ihre Faszination von den Schwächen nicht verderben. Denn erstens überwiegt die Freude über den wegweisenden Antrieb. Und zweitens gibt es keine vernünftige Alternative. Deshalb muss sich Opel um den Erfolg des Ampera zunächst auch keine Sorgen machen: Für dieses Jahr jedenfalls ist er bereits ausverkauft.

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