Wenn der Wagen plötzlich weg ist - Kfz-Diebstähle abwickeln

Berlin (dpa/tmn) - Es kann jeden Autobesitzer treffen: Plötzlich ist der Wagen weg - und die Ratlosigkeit groß. Was nun? Ein Kfz-Diebstahl zieht Behördengänge und viel Papierkram nach sich. Wer dabei Fehler macht, kann sich mehr Ärger einhandeln, als er ohnehin schon hat.

Der Anblick der leeren Parklücke lässt den Fahrzeughalter am eigenen Verstand zweifeln. Ganz sicher hatte er sein Auto am Vorabend dort abgestellt. Der Puls nimmt Fahrt auf, das Herz pocht: Wo ist der Wagen - gestohlen? Jetzt heißt es: einen kühlen Kopf bewahren und das Problem Schritt für Schritt lösen.

„Vermisst jemand sein Auto, sollte er sofort die Polizei anrufen“, rät Hajo Köster vom Bund der Versicherten (BdV). Wer die Nummer der nächsten Polizeiwache auf die Schnelle nicht herausfinden kann, könne auch den Notruf 110 wählen, informiert die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK). Von der Polizei erfahren Betroffene, ob ihr Wagen womöglich doch nur umgesetzt oder abgeschleppt wurde. „Am besten nimmt man für das Telefonat den Fahrzeugschein zur Hand. Denn es kommt vor, dass Autobesitzer in Panik geraten und sich dann nicht mehr an ihr eigenes Kennzeichen erinnern“, sagt Köster.

Bestätigt sich der Verdacht, dass Langfinger im Spiel sind, führt der erste Weg zur nächsten Polizeidienststelle, um Strafanzeige zu stellen. „Dabei müssen alle Fragen unbedingt wahrheitsgemäß beantwortet werden“, betont der BdV-Justiziar. Wer aus Versehen oder vorsätzlich falsche Angaben etwa zu Kilometerstand, besonderer Fahrzeugausstattung oder Anzahl der Autoschlüssel macht, kann später Probleme bekommen, wenn er den Diebstahlschaden über seine Kfz-Kaskoversicherung abwickeln will.

„Der Kfz-Versicherer verlangt später bei der Schadensmeldung ebenfalls detaillierte Angaben. Widersprüche zur Strafanzeige könnten ihn an einem echten Diebstahl zweifeln lassen oder den Verdacht schüren, dass der Versicherte grob fahrlässig gehandelt und zum Beispiel den Schlüssel im offenen Auto stecken lassen hat“, sagt Köster. Die schlimmste Konsequenz: Der Betroffene bekommt keine Entschädigung und handelt sich obendrein eine Strafanzeige wegen versuchten Versicherungsbetrugs ein. Glaubwürdigkeit ist deshalb das A und O, um einen Fahrzeugdiebstahl problemlos und zügig über die Kfz-Versicherung abwickeln zu können.

Im nächsten Schritt sollte das abhandengekommene Auto bei der zuständigen Kfz-Zulassungsstelle schleunigst stillgelegt werden. Den Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil I) behält die Behörde ein und quittiert die Stilllegung. Ist der Wagen geleast oder finanziert, sind auch der Leasinggeber oder die finanzierende Bank über den Verlust in Kenntnis zu setzen.

Zuletzt müssen bestohlene Autobesitzer bei ihrem Kfz-Versicherer vorstellig werden. Dieser wird am besten gleich nach dem Anruf bei der Polizei telefonisch auf den Diebstahl hingewiesen. „Der Versicherer verlangt den Kfz-Brief, das polizeiliche Diebstahlprotokoll, alle vorhandenen Fahrzeugschlüssel und die Abmeldebestätigung“, sagt Katrin Rüter de Escobar vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Von den Dokumenten sollten sich Betroffene vorher Kopien machen.

Um die Glaubwürdigkeit der Angaben bei der Schadensmeldung zu untermauern, können zum Beispiel Kaufbelege für nachgerüstete Fahrzeugteile wie Alufelgen oder ein hochwertiges Audiosystem hilfreich sein, sagt Köster. „Der Kilometerstand lässt sich womöglich mit der letzten Werkstattquittung nachweisen.“ Besonders einfach haben es Versicherte, die aktuelle Fotos von ihrem Auto besitzen und zwischendurch größere Investitionen in ihren Wagen dem Versicherer gemeldet haben.

Laut Rüter de Escobar sind nur fest angebaute Fahrzeugteile über die Kfz-Kaskopolice mitversichert - also zum Beispiel keine mobilen Navigationsgeräte, CDs oder Smartphones, die im Wagen lagen, als die Diebe zuschlugen. Ein Fünkchen Hoffnung auf Entschädigung besteht dennoch: „Für einzelne Dinge könnte eine Hausratsversicherung aufkommen - wer eine hat, sollte sich danach erkundigen“, rät Köster.

Für ein gestohlenes Fahrzeug erstatten Kfz-Versicherer in der Regel den Wiederbeschaffungswert, den ein Sachverständiger festlegt. Für diesen Betrag sollte ein vergleichbar ausgestatteter Gebrauchter gleichen Jahrgangs mit ähnlicher Laufleistung zu bekommen sein. Bei sehr jungen Autos gibt es unter Umständen den vollen Kaufpreis zurück. „Für welchen Zeitraum nach dem Autokauf die so genannte Neuwagenentschädigung bezahlt wird, ist in jedem Versicherungsvertrag individuell geregelt“, sagt Köster. „Das können Wochen oder Monate sein - oder aber es gibt vom ersten Tag an nur den Zeitwert mit bis zu 40 Prozent Abschlag vom Neuwagenpreis wieder.“

Bis Geld auf dem Konto des Bestohlenen eintrifft, dauert es meist eine Weile. „Die Versicherung sollte nach Eingang der Schadensmeldung den Fall innerhalb eines Monats prüfen und den Schaden dann in einem Zeitraum von 14 Tagen erstatten“, erläutert Rüter de Escobar das gängige Prozedere.

Taucht der Wagen innerhalb eines Monats wieder auf, muss ihn der Besitzer zurücknehmen. In der Zwischenzeit schaffen sich Bestohlene deshalb besser keinen Ersatz an. Für Schäden, die Diebe am oder mit dem Fahrzeug verursacht haben, tritt die Kasko- beziehungsweise Kfz-Haftpflichtversicherung ein. An der Rabatteinstufung des Kunden ändert sich dadurch nichts. Kosten für einen Leihwagen oder den Nutzungsausfall werden durch die Kaskoversicherung nicht erstattet - aber womöglich durch einen zusätzlich abgeschlossenen Schutzbrief, erklärt die GDV-Sprecherin.

Nach Ablauf der Monatsfrist gehört ein wieder aufgefundener Wagen dem Versicherer - und dann wird es extrem schwierig, etwa einen geliebten Oldtimer zurückzubekommen. „Der Versicherer müsste das Auto an den früheren Besitzer zurückverkaufen und dabei wie jeder Autohändler eine Gewährleistung geben“, nennt Köster die Hürde. Deshalb würden nach Monaten oder Jahren wiedergefundene Fahrzeuge für gewöhnlich versteigert, denn bei Auktionen besteht keine Gewährleistungspflicht.

Auch wenn Autofahrer ihr Fahrzeug gut versichert haben, kann sie ein Kfz-Diebstahl ziemlich teuer zu stehen kommen. „Finderlohn ist normalerweise nicht mitversichert“, erklärt Köster für den Fall, dass ein Wagen innerhalb eines Monats wieder auftaucht und der Finder einfordert, was ihm zusteht. Gesetzlich festgelegt sind fünf Prozent von einem Sachwert bis 500 Euro - was darüber hinausgeht, wird zusätzlich mit drei Prozent angerechnet. „Auf einen Ferrari-Besitzer kann da einiges zukommen.“

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