50 Jahre und ewig jung: „Girl from Ipanema“

Rio de Janeiro (dpa) - Schon nach den ersten Tönen summen die meisten Menschen auf Welt mit. „Olha que coisa mais linda, mais cheia de graça“ - „Schau doch nur, was für ein schöner Anblick, so voller Anmut“.

So beginnt das Lied „Girl from Ipanema“ in seiner portugiesischsprachigen Originalversion.

Und so sangen es auch der Komponist Antônio Carlos Jobim, der Dichter und Gitarrist Vinícius de Moraes und der Sänger João Gilberto. Die Premiere war im August 1962, vermutlich am 2. Tag des Monats im Restaurant „Bon Gourmet“ in Rios vibrierendem Stadtviertel Copacabana. Kurz danach trat der Song seinen Siegeszug um die Welt an und nahm dabei auch ein Stück von Brasiliens Seele mit auf die Reise.

Die Legende über die Entstehung des Liedes ist schön. Jobim und der im diplomatischen Dienst stehende de Moraes sitzen wie oft, einige sagen wie immer, in der Bar Veloso. Das Bier ist kalt, die Sonne brennt, es geht ein leichter Wind und der azurblaue Atlantik am Strand von Ipanema ist in Blickweite. Als wäre das nicht paradiesisch genug, schlendert die erst 17-jährige Helô an der nach allen Seiten offenen Bar vorbei. Sie zieht die bewundernden Blicke der Bargäste an, natürlich auch die der Freunde Tom und Vinicíus, die nicht zögern, zum Stift greifen und glühend vor Inspiration und Eifer das Lied - Ton und Text - unverzüglich auf der Papiertischdecke vor sich niederschreiben. Soweit die Legende.

„Es wurde bereits darauf hingewiesen, aber die Leute wollen sich einfach nicht damit abfinden: Tom und Vinícius schrieben "Garota de Ipanema" nicht in einer Bar, die Veloso hieß.... Es war nie ihr Stil, Musik auf Bartische zu schreiben, auch wenn sie dort die besten Stunden ihres Lebens verbrachten“, räumt Ruy Castro in seiner Bossa-Nova-Bibel „Chega de Saudade“ (Schluss mit Sehnsucht, 1990) mit der Geschichtsverklärung auf. Aber trotz aller Ernüchterung - einiges stimmt dann eben doch. So gab es die Bar Veloso, die heute „Garota de Ipanema“ heißt, wirklich. Und auch die Muse, die Inspiration zu dem Lied gab und gibt es.

Heloísa Eneida Menezes Paes Pinto, kurz Helô, ist ihr Name. Und damals ging sie immer wieder an der Eckbar Veloso vorbei, um entweder Zigaretten für ihre Mutter zu holen oder einfach an den Strand zu gehen. Sie erfuhr erst später davon, dass sie Anlass war für einen Weltsong. Die heute immer noch aparte 67-jährige Helô Pinheiro war Model, trat in TV-Serien auf, moderiert noch heute Fernseh-Shows und vertreibt das Bademoden-Label „Garota de Ipanema“. Auch der „Playboy“ lichtete sie ab - einmal 1987 und dann 2003 gemeinsam mit ihrer Tochter Ticiane.

Das Lied hat ihr Leben verändert und geprägt, wie auch das des Bossa Nova (etwa: Neue Welle). Dabei wurde damals im August 1962 nicht nur „Garota de Ipanema“ bei der immer wieder auf insgesamt 45 Abende verlängerten Show im „Bon Gourmet“ gespielt. Auch Klassiker wie „Só danço Samba“ (Ich tanze nur Samba) oder „Samba de uma nota só“ (Samba aus einer Note) erklangen. Aber keiner wurde so erfolgreich wie das „Mädchen von Ipanema“. Kein anderer Song außer dem Beatles-Hit „Yesterday“ wurde so oft gecovert wie „Girl from Ipanema“ - über 200 Versionen sind bekannt.

Neben Helô bleibt eine weitere Frau auf immer mit dem Song in Erinnerung - Astrud Gilberto, die damalige Frau von João Gilberto. Sie sang 1963 die englische Version schüchtern und scheu mit brasilianisch-portugiesischem Akzent. Der weniger scheue Frank Sinatra verhalf dem Song in einer Aufnahme mit Jobim von 1967 zu weiteren Weltruhm. Louis Armstrong, Caterina Valente, Ella Fitzgerald, Nat „King“ Cole und auch Amy Winehouse und Helge Schneider gaben dem Song ihre Note. Selbst Box-Legende „Iron Mike“ Tyson hauchte den Song kürzlich im brasilianischen Fernsehen ins Mikrofon. Das „Girl from Ipanema“, so scheint es, hat auch 50 Jahre nach seiner Entdeckung nichts an Attraktivität verloren.

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