Berlin-Bashing ist wieder groß in Mode

Berlin (dpa) - Immer feste druff: Lästern über Berlin mausert sich zum Dauertrend. In jüngster Zeit gab es einige Steilvorlagen.

Schon das Aufstellen des Weihnachtsbaums vor der Gedächtniskirche ist jedes Jahr eine Zitterpartie. Mal war der Baum zu lang, mal zu mickerig und nur als Futter für die Elefanten geeignet. Flops haben in Berlin Tradition. In jüngster Zeit hat es die Hauptstadt besonders dicke erwischt. Fürs Lästern gibt es reichlich Stoff.

Ein Auszug: Die Eröffnung des Flughafens wurde zum vierten Mal verschoben. Wolfgang Thierse zettelte mit Sprüchen über die Schwaben im Prenzlauer Berg eine Spätzle-Fehde an, die mehrere Wochen dauerte. Der Zoo-Direktor geriet unter Beschuss, weil er Mitarbeiterinnen Weibchen-Kürzel wie aus dem Tierreich verpasste.

Das neue Luxushotel Waldorf Astoria öffnete mit Verspätung. Die Museumsinsel wird teurer. Im April soll passend zum Flughafendebakel eine „fröhliche Berliner Pleitenchronik“ der letzten 775 Jahre erscheinen. Titel des Buches: „Ach du dickes B“.

Der leidige Flughafen: Muss der unbedingt in Berlin oder Brandenburg stehen? „Wir sollten uns da bezüglich des Standorts gar keinen Druck machen“, wird Klaus Wowereit in den Mund gelegt. „Geflogen wird immer.“

Bevor Wowereit seinen Anwalt einschaltet: Das hat er nicht selbst gesagt, sondern es ist eine Parodie zur Talkshow „Markus Lanz“ im Internet. Der früher hochgehandelte Regierungschef hat es nicht leicht. „Klaus und vorbei“, titelt das Stadtmagazin „Zitty“. Die Wowi-Party sei vorüber. Allen brumme der Schädel.

Für den australischen Musiker Robert F. Coleman hat das „arm, aber sexy“-Image seine Tücken. Er lernte im schwer angesagten Viertel Neukölln: Wenn das Bier billiger als Wasser ist, hilft das nicht gerade, künstlerisch produktiv zu sein und mit der Band ein Album aufzunehmen. Zurück in Australien stellte er in der „New York Times“ fest: „Die Reise war kein Totalverlust. Ich habe gelernt, wie man einen Joint richtig rollt, Haare schneidet und Whiskey runterstürzt ohne zu würgen.“ Ein „Stern“-Autor legte in seiner Wut richtig los und holte zum Rundumschlag aus: „Berlin ade: Schnauze voll!“

Wobei: Dafür, dass es so viel zu meckern gibt, zieht es sehr viele Menschen an die Spree. Es wartet das „neue New York“. So sieht es ein neuer Reiseführer wegen der vielen Freiräume in der Stadt. Welche Metropole hat schon eine solche Ost-West-Geschichte? Oder einen stillgelegten Flughafen wie in Tempelhof, wo man im Winter Ski laufen und im Sommer auf Rollbrettern surfen kann? Der Tourismus boomt. 25 Millionen Übernachtungen könnten es 2013 werden. Und von wegen Hartz-IV-Hauptstadt: „Es gibt auch wieder Geld in der Stadt“, sagt Tourismuschef Burkhard Kieker.

Und Glamour, den hat die Stadt sowieso. Bei genauerem Hinsehen. Nach den vielen Negativ-Schlagzeilen kommt die Berlinale (7.-17. Februar) zum Abtauchen gerade recht. Am Montag wird Festivalchef Dieter Kosslick das Programm der Filmfestspiele vorstellen. 400 Filmen laufen in 22 Kinos. Karten bekommt man eigentlich immer. Nur nicht zwingend für den Film, den man dringend sehen wollte. Wieder was zu meckern.

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