Daniel Richter mit aktuellen Arbeiten in der Schirn

Frankfurt/Main (dpa) - Knallig sind die Farben. Verschwommene Farbfelder treffen aufeinander, erinnern an Landkarten. Dazwischen schablonenhafte Figuren. Der Maler Daniel Richter ist zurück. Nach einem fast zweijährigen Rückzug präsentiert er sich mit einer völlig neuen Bildsprache.

Daniel Richter mit aktuellen Arbeiten in der Schirn
Foto: dpa

Die Schirn Kunsthalle in Frankfurt gibt einen Einblick in die aktuellen Arbeiten des weltberühmten 52-jährigen Künstlers und stellt rund 25 Werke seiner dritten Schaffensphase erstmals der Öffentlichkeit vor. Die neue Ausstellung „Hello, I love you“ ist bis zum 17. Januar 2016 zu sehen.

Schon lange gilt Richter als Künstler, der sich immer wieder neu erfindet. Denn Kunst ist für ihn nach eigener Aussage eine Art des Nachdenkens. Ein immerwährender Prozess. In den neunziger Jahren entstanden abstrakt-ornamentale Gemälde, um das Jahr 2000 kam der erste Bruch. Plötzlich waren es figurative, gesellschaftspolitische Arbeiten. Richter avancierte zu den großen Popstars der deutschen Malerei. Wurde in einem Atemzug genannt mit dem Leipziger Neo Rauch und dem Ahrensburger Jonathan Meese. Kunsthallen und Auktionshäuser rissen sich um seine Gemälde.

Doch dann erneut der Bruch. „Vor zwei Jahren kam ich zurück aus dem Urlaub, und da hingen drei fast fertige Bilder aus dieser psychedelischen, talibanesken Männerkitschromantik-Serie und warteten darauf, zu Ende gemalt zu werden“, erinnert sich der 52-Jährige. Er habe sie gesehen - und das Interesse an ihnen verloren. Statt weiterzumalen setzte er sich in sein Atelier und begab sich auf eine Suche. Die Suche nach einem Bildsystem, das die Wirklichkeit abstrahiert. Die Frage, die in trieb: „Wie lässt sich ein Bild formal reduzieren und doch gleichzeitig inhaltlich aufladen?“

Richter malte Striche, die wie ein Aktienindex aussahen, weiß aufgehellte Farbflächen, die etwa an Landkarten erinnern. „Die Bilder sahen zunächst aus wie Dinger, die in Schwimmbädern hängen oder in Altenheimen“, scherzt er heute. Erst als er auf den Pinsel als Werkzeug verzichtet, die Methode immer weiter zuspitzt, ist Richter zufrieden. Dennoch übermalt er seine Bilder immer und immer wieder. Setzt Ölkreide gegen die Routine ein. Der Prozess ist in Gang, an dessen Ende 36 großformatige Arbeiten stehen.

„Interessant ist, dass man in den Bildern sehen kann, wie sie gemalt sind und wie sie sich vermischen oder nicht vermischen“, sagt Richter. Muss der Betrachter das alles wissen, um die Werke verstehen zu können? Langsam dreht sich der groß gewachsene Mann mit der goldfarbenen 80er-Jahre-Brille und dem Berliner Hipster-Blouson über dem Karo-Hemd um, lässt den Blick durch den Ausstellungssaal der Schirn schweifen. Nein, meint er. Das sei völlig irrelevant. Und setzt noch eins drauf: „Diese neuen Bilder hier sind wie ein Borschtsch. Das heißt, das Ganze kocht sechs Stunden, und am Ende kommt der Dill rein.“

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