Kastelruther Spatzen unter Betrugsverdacht

Berlin/Kastelruth (dpa) - Da wo Kastelruther Spatzen drauf sind, müssen nicht immer alle drin sein: Weite Teile der Platten der Schunkel-Superstars sind mit Studiomusikern statt mit den echten Spatzen aufgenommen worden.

Nur der Gesang kam immer von Norbert Rier. Die Band wie die Plattenfirma bestätigten am Dienstag einen entsprechenden Bericht der „Bild“-Zeitung in Teilen, verwiesen aber darauf, dass dies gängige Praxis sei. Auch die Hardcore-Fans wussten Bescheid und sind über den Bericht entrüstet.

„Der Erfolg der Band ist auf einen Riesenschwindel aufgebaut“, erhob der Produzent Walter Widemair in dem Blatt schwere Vorwürfe. Auf den Platten hätten hervorragende Studiomusiker statt der Spatzen gespielt, nur die Stimme von Rier sei echt gewesen. Weder Widemair noch Sänger Rier waren am Dienstag für die dpa erreichbar.

In dem Bericht wie auch auf ihrer Facebook-Seite bestätigen die Spatzen den Vorwurf, wehren sich allerdings gegen Täuschungsvorwürfe: „Das mit den Studiomusikern machen wir, um Kosten zu sparen“, sagte Rier der Zeitung. Die Studioaufnahmen der Kastelruther Spatzen seien immer hochwertig produziert worden, heißt es bei Facebook. „Es wurde mit Tontechnikern und Arrangeuren gearbeitet und wie bei allen professionellen Produktionen wurden auch Studiomusiker eingesetzt.“ Das sei weltweit und über alle musikalischen Genres üblich und rechtfertige auch den Beruf des Studiomusikers. In jedem CD-Booklet seien die mitwirkenden Musiker nachzulesen.

Wann die Spatzen selbst zu den Instrumenten griffen und wann Studiomusiker am Werk waren, das weiß selbst die Plattenfirma nicht. „Wesentliche Teile“ der jüngsten Platten seien mit Studiomusikern eingespielt worden, sagte der Ansprechpartner für die Band beim Label Universal, Ralf Schedler, der Nachrichtenagentur dpa. Wahrscheinlich hätten sie in jungen Jahren selbst noch mehr produziert, mit zunehmender Professionalisierung der Branche seien dann immer häufiger Studiomusiker engagiert worden. „Man hat aber nie ein Geheimnis daraus gemacht, das war kein Täuschungsmanöver“, sagte Schedler.

Auch die Fans sind sauer und vermuten einen Racheakt von Widemair, der von der „Bild“-Zeitung noch als Produzent genannt wird, den die Spatzen selbst aber als „ehemaligen Arrangeur und Aufnahmeleiter“ bezeichnen. „Ich finde das lächerlich. Ich bin seit 20 Jahren Fan und weiß das seit 20 Jahren“, entrüstet sich Marion Wunderlich vom Fanclub Bad Berleburg in Nordrhein-Westfalen. Jeder richtige Fan wisse darüber Bescheid, es sei in der Branche üblich und sei auch auf den CDs vermerkt. „Die Fans lieben die Spatzen auf der Bühne, das sind sie live und das ist wichtig.“ Auch der Tenor der Facebook-Postings war am Dienstag unterstützend: „Macht weiter so. Profis wie Euch kann das doch nichts anhaben. Ihr seid super“, schreibt beispielsweise ein weiblicher Fan dort.

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