Lambchop sind ganz bei sich angekommen

Berlin (dpa) - Es war ein wenig ruhig geworden um die Band aus Nashville, Tennessee, das letzte Album von Lambchop liegt schon einige Jahre zurück, aber jetzt lässt die Truppe um den Sänger, Songwriter und Baseballkappen-Nerd Kurt Wagner aufhorchen.

Mit ihrem neuen, sehr innigen und ausgefeilten Album „Mr. M“ (City Slang) knüpft die Band nahtlos an ihren Geniestreich „Is A Woman“ von 2002 an. Der Grund für die Schaffenspause war ein sehr trauriger: Ende 2009 starb der Songwriter Vic Chesnutt, ein enger Freund und Vertrauter von Wagner. Danach hatte der Mann mit der Hornbrille so gar keine Lust mehr auf Musik, begann stattdessen zu malen. Es gab eine Ausstellung in Nashville, neue Songs entstanden, und ein Gemälde von Wagner schmückt nun das Cover von „Mr. M“.

Mit ihrem elften Studioalbum sind Lambchop wieder ganz bei sich angekommen: Die fragilen, melancholiegetränkten, feingewobenen Americana der Band bilden ja längst ein eigenes Genre, das mit Country-Music nun wirklich nichts mehr zu tun hat. Auf „Mr. M“ gibt es vermehrt Streicher zu hören, „Psycho-Sinatra“ ist das Stichwort, das diese irrlichternde, flackernde Qualität ganz gut umschreibt. Als würde man kurz den Soundtrack eines amerikanischen Melodrams aus den 1950er Jahren einblenden. Dabei sind Streicher nun wirklich nichts Neues bei Lambchop: schon in ihren Zwillingsalben „Aw C'Mon“ und „No, You C'Mon“ von 2004 kamen sie ausführlich zum Einsatz.

Es geht gar nicht um Instrumente, sondern um die Emphase, den Ernst und die Hingabe, mit der Wagner und seine Mitstreiter in diesem elf Tracks ihren musikalischen Kosmos erneut ausschreiten und erweitern - wenn man es mal pathetisch formulieren darf. Wenn dieses Album Trauerarbeit sein soll, dann vermittelt es neben dem Schmerz große Hoffnung. Und natürlich sind Lambchop ohne ihren schrägen Humor gar nicht denkbar.

Der kam auch beim ersten von zwei ausverkauften Konzerten in Berlin nicht zu kurz. Spätestens als Pianist Tony Crow das Publikum gewohnt kalauernd begrüßte, fühlten wir uns gut aufgehoben. Aber nicht die skurrilen jokes, sondern die Songs vom neuen Album standen im Fokus des Abends. Und alles funktioniert auch ohne Streicher. Sie sind einfach sehr gute, perfekt aufeinander eingespielte Musiker, der schlaksige Bassist Matt Swanson, Gitarrist William Tyler, Keyboarder Ryan Norris und Scott Martin an den Drums. Und Wagners brüchiger Bariton hat nichts von seiner traumverlorenen Eindringlichkeit verloren.

Erst zum Ende hin legten sie zusammen mit Sängerin Cortney Tidwell einen Gang zu, da erlebten wir den sanften Grübler Wagner als echten Shouter, der vor seinem Publikum in die Knie ging. Wenn er will, dann kann er explodieren. Dann singt er auch ganz explizit ein Liebeslied, „Never My Love“ war längst überfällig. Bislang hat er angeblich nie dran gedacht.

Tourdaten: 24.02. Berlin, Babylon; 25.02. Dresden, Beatpol; 26.02. Leipzig, Werk II; 28.02. Köln, Kulturkirche; 10.03. Frankfurt am Main, Unionhalle; 16.03. München, Kammerspiele; 17.03. Düsseldorf, Zakk; 27.03. Hamburg, Fabrik; 28.03. Karlsruhe, Tollhaus

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