Neue Signale im Streit um Suhrkamp Verlag

Berlin (dpa) - Im Streit um den Suhrkamp Verlag hat es schon viele Lippenbekenntnisse gegeben. Doch jetzt kommt vielleicht wirklich Bewegung in die festgefahrenen Fronten. Erstmals meldete sich am Mittwoch Verlagschefin Ulla Unseld-Berkéwicz selbst öffentlich zu Wort.

Die Witwe des langjährigen Firmenpatriarchen Siegfried Unseld bekundete in einem Gespräch mit der „Zeit“ ihre Bereitschaft zum Kompromiss und stellte in Aussicht, das Gerichtsverfahren vorerst auf Eis zu legen. Ihr Kontrahent Hans Barlach begrüßte das als „Signal zur Gesprächsbereitschaft“, wie er der Nachrichtenagentur dpa sagte. „Die Entwicklung des Verlags liegt uns beiden am Herzen. Es ist ja nicht ein Streit um des Streits willen.“

Vorerst bleiben allerdings beide Seiten bei ihren Maximalforderungen. Unseld-Berkéwicz, der über eine Familienstiftung 61 Prozent des Verlags gehören, will trotz einer gegenteiligen Gerichtsentscheidung ihr Amt als Geschäftsführerin nicht räumen. „(Ich) werde doch nicht vor einer Hürde, die den gesamten Verlag bedroht, scheuen und ausscheren, ehe sie genommen ist“, sagte sie in dem Interview.

Der Hamburger Medienunternehmer Barlach, der gegen den Willen der Verlagschefin inzwischen 39 Prozent am Unternehmen hält, pocht dagegen weiter auf Einsetzung eines neuen Geschäftsführers. Hinter den Kulissen bemühen sich derzeit aber zwei Mediatoren um eine gütliche Beilegung des Konflikts. Letztendlich wissen beide Seiten, dass der öffentlich ausgetragene Rosenkrieg den einst so renommierten Verlag an den Abgrund führt.

„Wenn die Mediatoren zu dem Ergebnis kommen, dass Gespräche Sinn machen, sind wir auch bereit, einen Antrag auf Aussetzung des Gerichtsverfahrens zu stellen“, kündigte Barlach an. Ganz schlecht stehen die Chancen nicht: Die Vermittler sind seinen Worten zufolge „beides Personen, die wir sehr respektieren“.

Das ist schon viel wert. Denn den zunächst vom Suhrkamp Verlag als Schlichter vorgeschlagenen Ex-Kulturstaatsminister Michael Naumann hatte der Miteigentümer im Dezember abgelehnt - er hielt ihn nach öffentlichen Äußerungen für parteiisch. Wer sich jetzt um eine einvernehmliche Lösung bemüht, soll vorerst geheim bleiben.

Mittlerweile ist schon reichlich Porzellan zerschlagen worden. Barlach wirft Unseld-Berkéwicz Missmanagement und Untreue vor. Mit der Anmietung von Eventräumen für den Verlag in ihrer Privatvilla im Berliner Stadtteil Nikolassee habe sie dem Unternehmen geschadet, argumentierte er. Das Berliner Landgericht gab Barlach im Dezember in einer beispiellosen Entscheidung Recht und berief Unseld-Berkéwicz als Geschäftsführerin ab.

Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig, vorerst bleibe alles beim Alten, hieß es dagegen im Hause Suhrkamp. Rückendeckung bekam die Verlegerin von zahlreichen renommierten Autoren: Uwe Tellkamp, Durs Grünbein, Tankred Dorst, Sybille Lewitscharoff und mehr als 70 andere stellten sich auf ihre Seite. Einige drohten sogar mit ihrem Abschied, sollte das Haus in falsche Hände geraten.

Die Wissenschafts-Autoren, darunter Größen wie Jürgen Habermas, Ulrich Beck und Peter Sloterdijk, schlugen dagegen von vornherein moderatere Töne an - sie forderten beide Seiten gleichermaßen zu einem Kompromiss auf. Viel Zeit dafür bleibt nicht: Am 13. Februar will das Frankfurter Landgericht über Anträge der Beiden entscheiden, sich gegenseitig als Gesellschafter auszuschließen. Schlimmstenfalls droht die Auflösung des Verlags.

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