Paul van Dyk: Madonna hätte aufhören sollen

Kastellaun (dpa) - Paul van Dyk gilt als einer der besten Discjockeys in Deutschland, für seine Auftritte fliegt er umgerechnet 16 Mal im Jahr um den Erdball.

2005 für einen Grammy nominiert, hat der 40-Jährige van Dyk im Studio Liedern von Depeche Mode, Justin Timberlake und Britney Spears seine eigene Note verpasst. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa erklärt der in Ost-Berlin aufgewachsene DJ, warum er sich trotz des Erfolgs noch als Teil der einstigen Techno-Subkultur fühlt - und was ihn an der erfolgreichen elektronischen Musik aus den Charts stört.

Ist der Beruf des DJs für Sie eigentlich auch eine sportliche Herausforderung?

Van Dyk: „Ich bin zumindest immer in Bewegung bei dem, was ich tue.“

Ihr Pensum ist jedenfalls sehr sportlich. Sie haben vor einigen Jahren ausgerechnet, dass Sie eineinhalb Monate pro Jahr in einem Flugzeug verbringen. Zudem besitzen Sie angeblich das zweitgrößte Meilenkonto bei der Lufthansa.

Van Dyk: „Was die Zeit angeht: Das stimmt. Ich bin wirklich sehr viel in der Luft. Das mit den Lufthansa-Meilen hat sich eventuell geändert, da ich in letzter Zeit auch öfter mit anderen Fluglinien fliege.“

Sie werben dafür, bei einer Wahl zum besten DJ der Welt für Sie zu stimmen. Die Wahl haben Sie bereits zweimal gewonnen. Ist das für Sie überhaupt ein richtiger Wettbewerb?

Van Dyk: „Natürlich freue ich mich über Zuspruch. Aber generell halte ich es da wie Harrison Ford. Über die Oscars hat er mal gesagt: ,I don't believe in competition in art' (Ich glaube nicht an Wettbewerbe in der Kunst). Wer kann schon genau sagen, wer jetzt der beste oder der zehntbeste DJ der Welt ist?“

Ihr neues Album heißt „Evolution“. Fühlen Sie sich eigentlich noch als Teil der Technokultur, die sich in kleinen Clubs vor über 20 Jahren entwickelt hat? Mittlerweile haben Sie über drei Millionen Alben verkauft und vor einer Million Menschen in Rio de Janeiro aufgelegt. Sehen Sie heute noch eine Verbindung zu diesen Wurzeln?

Van Dyk: „Vor über 20 Jahren habe ich mit DJ-Sets im Berliner Club Tresor begonnen. Aus der Subkultur, die damals entstanden ist, ist mittlerweile die größte Musikkultur der Welt geworden. Das muss man einfach sehen. Daher ist klar: Das ist meine Musik, die Musik, die ich liebe, ich sehe mich als Teil von ihr. Es gibt viele Dinge, die ich dabei gut finde, aber auch einige, die mir nicht so gefallen.“

Missfallen hat Ihnen unter anderem eine leichtfertige Bemerkung von Madonna über Drogenkonsum auf einem Elektro-Festival. Sie haben sie deutlich kritisiert. Besteht bei Ihnen kein Interesse mehr an einer Zusammenarbeit mit dem Superstar?

Van Dyk: „Ich finde es nicht gut, Drogen zu verherrlichen. Als ich gefragt wurde, habe ich meine Meinung dazu gesagt, dass sie vor einer Menge von Jugendlichen Anspielungen auf Drogenmissbrauch machte. Ich habe früher auch mal einen ihrer Titel geremixt. Generell ist es so, dass ich nur mit Leuten zusammenarbeite, die mich begeistern. Und das tut Madonna momentan nicht. Ich finde, sie hätte einfach nach ihrem guten "Ray of Light"-Album (1998) aufhören sollen.“

Wenn man sich heute die Charts anschaut, reiht sich ein elektronischer Partyhit an den anderen. Hat das noch etwas mit Ihrer Art von elektronischer Musik zu tun?

Van Dyk: „Das ist Popmusik, die tanzbar klingt. Musiker wie Usher oder Rihanna würden wahrscheinlich sofort wieder Balladen produzieren, wenn das plötzlich wieder populär wäre. Das halte ich für reines Geschäft. Das hat nichts mit meiner Musik zu tun. Ich mache das, was ich selbst gut finde. Mich interessieren andere Künstler viel mehr, im Moment zum Beispiel die Jungs von Linkin Park, für die ich kürzlich den Song "Burn it down" geremixt habe.“

Sie reisen in den nächsten Tagen nach Honduras, Ecuador und Chile, danach in die USA. In Interviews äußern Sie sich gelegentlich auch kritisch über die deutsche Politik. Stehen Sie durch Ihren Blick von außen auch etwas über den Dingen in ihrem Heimatland?

Van Dyk: „Ich stehe nicht über den Dingen, ich stehe mittendrin, deswegen sage ich ja meine Meinung. Durch meine Reisen und meine Vergangenheit habe ich erfahren, welch hohes Gut Demokratie ist. Ich bin in der DDR aufgewachsen und habe gesehen, wie Menschen einfach verschwanden, die ihre Meinung gesagt haben. Deswegen werde ich auch immer den Mund aufmachen, wenn mich etwas stört.“

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