Sammlung Gunter Sachs bringt Millionen

London (dpa) - Frei, unabhängig, ein bisschen exzentrisch, aber meistens ziemlich stilsicher: Fällt der Name Gunter Sachs, scheint gleich ein ganzes Lebensgefühl mitzuschwingen.

Der Unternehmersohn aus Franken war der Playboy und Lebemann der 1960er und 70er Jahre. Reich, gut aussehend, umgeben von den schönsten Frauen, der Kunst verpflichtet, strahlt er bis heute den Geist einer Zeit aus. Das deutsche Wort „Zeitgeist“ hat seinen Eingang auch in die englische Sprache gefunden - und der Wunsch danach, ein Stück von ebendiesem zu besitzen, dürfte einer der Gründe für die Millionenpreise bei der Versteigerung der Sammlung Sachs in London gewesen sein.

Insgesamt brachten die Highlights aus Sachs' Kollektion am Dienstagabend bei Sotheby's mehr als 36,6 Millionen Pfund (rund 45 Millionen Euro) ein, am Mittwoch über Tag gab es zudem noch weitere Stücke zu kaufen.

Sachs hatte sich im Mai 2011 im Alter von 78 Jahren das Leben genommen. In einem Abschiedsbrief schrieb er, er leide an einer unheilbaren Krankheit - vermutlich Alzheimer. Seine Familie entschloss sich darauf, einen Teil seiner Kunstwerke zu verkaufen. „Die Ergebnisse sind eine angemessene Ehrung“, sagte Auktions-Chefin Cheyenne Westphal. „Seine Zeitgeist-Sammlung erzählt die 60er und 70er Jahre, die er lebte und atmete.“

Gunter Sachs' Sammlung hat gleich mehrere Kaufanreize: Nicht nur spiegelt sie ein Lebensgefühl, sondern auch die Persönlichkeit des Mannes dahinter - ähnlich wie bei den Millionen-Auktionen der Kollektionen von Schauspielerin Liz Taylor oder Modezar Yves-Saint-Laurent ein Grund zuzuschlagen. Gleichzeitig ist die Sammlung Sachs voller großer Namen. Der Grund dafür macht ihn fast noch sympathischer: Sachs kaufte häufig Werke seiner Freunde, bevor diese berühmt waren.

Wie vorausschauend er dabei war, zeigt das legendäre Beispiel Andy Warhols. Sachs organisierte 1972 eine der ersten Ausstellungen des Pop-Art-Künstlers in Deutschland, und zwar in seiner Galerie in Hamburg. Die Schau floppte. Doch um seinem Freund die Blamage zu ersparen, kaufte er kurzerhand ein Drittel der Bilder heimlich selber. Die Auktion in London zeigte jetzt erneut, wie genial diese Entscheidung aus sammlerischer Perspektive war: Die Warhol-Bilder brachten die höchsten Preise ein. Ein Selbstporträt verkaufte sich statt wie erwartet für maximal 3 Millionen Pfund für stolze 5,4 Millionen. Ein Warhol-Porträt von Sachs selber erreichte statt 600 000 Pfund rund 1,3 Millionen.

Die Faszination für Sachs und seine Zeit mag auch der wahrscheinlichste Grund für den Bieterwettkampf sein, der um drei Möbelstücke von Allen Jones entbrannte. Dessen halbnackte Frauen aus Fiberglas aus dem Jahr 1969 sehen aus wie Schaufensterpuppen, sind in Lack und Leder gekleidet und halten als Hutständer, Tisch und Stuhl her. Maximal 40 000 Pfund sollten sie nach Schätzung von Sotheby's pro Stück bringen. Am Ende erreichten alle drei jeweils um die eine Million Euro.

Kunst hatte für Sachs tatsächlich manchmal etwas von Möbelstücken. So hatte er kein Problem damit, ein Loch für einen Türgriff in ein Bild zu bohren. Dass er ein Sammler geworden war, merkte er nach eigenem Bekunden erst, als alle Wände in seiner Wohnung voll waren. Weltberühmt wurde sein „Pop-Art-Appartement“ in St. Moritz, für das er zahlreiche Künstler der Zeit extra Werke anfertigen ließ. „Während seines ganzen Lebens war eines der größten Vergnügen für Gunter Sachs, inmitten seiner Kunst zu leben, sie zu genießen, und mit Familie und Freunden zu teilen“, sagte Westphal.

Welche Schätze die Familie für sich behalten hat, wollte Sotheby's nicht verraten. Allerdings sei es keinesfalls so, dass die Zuckerstücke der Sammlung nicht herausgegeben worden seien, erklärte Westphal. Die Familie habe vor allem Werke behalten, die einen „privaten Wert“ haben.

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