Schöpfer der Stolpersteine in Dresden geehrt

Dresden (dpa) - Der Kölner Bildhauer und Schöpfer der Stolpersteine, Gunter Demnig, ist am Sonntag mit dem Erich-Kästner-Preis des Presseclubs Dresden geehrt worden.

Demnig habe mit seiner Erinnerungsarbeit für die Opfer der Nazi-Diktatur viel für das Verständnis zwischen Israelis und Deutschen getan, würdigte der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, den Künstler in der Festrede.

Nach der Ehrung machte sich Demnig gleich wieder ans Werk. Er verlegte in Dresden unter anderem einen Stolperstein für die Tante des Malers Gerhard Richter, Marianne Schönfelder (1917-1945). Die Tante des Malers, der heute zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart zählt, wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs Opfer des Nazi-Rassenwahns.

Schönfelder war 1939 als 21-Jährige mit der Diagnose Schizophrenie in die Psychiatrie eingewiesen und zwangssterilisiert worden. Sie verbrachte sieben Jahre in nationalsozialistischen „Heil- und Pflegeanstalten“, ehe sie im Februar 1945 starb: an Medikamentenüberdosierung, systematischer Mangelernährung und unzureichender Pflege. Gerhard Richter malte später das berühmte Bild „Tante Marianne“.

Demnig hat seit 1997 mehr als 38 000 Stolpersteine verlegt, die es mittlerweile in zwölf europäischen Ländern gibt. Allein in Deutschland sind es fast 800 Orte, an denen mit kleinen Messingtafeln in den Gehsteigen an Juden, andere politisch Verfolgte und Euthanasieopfer erinnert wird.

„Man stolpert mit dem Herzen und mit dem Verstand“, sagte Demnig zum Anliegen seiner Aktion. Es gebe mittlerweile so viele Anfragen, dass er bis zum August kommenden Jahres so gut wie verplant sei. Die Steine würden vor allem Jugendlichen mehr erzählen als ein Blick in die Geschichtsbücher, zeigte sich der 65-Jährige überzeugt.

Das Gerhard Richter Archiv bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, das Dokumente und Materialien aus dem Atelier des Malers verwahrt, regte den Stolperstein für Marianne Schönfelder an und finanzierte ihn. „Ich finde es ganz großartig, dass es so eine Initiative gibt und dass diese dann auch tatsächlich verwirklicht wird“, sagte Richter kürzlich. „Ich bin tief berührt und gleichzeitig sehr erfreut darüber.“

Demnig will im Januar in Greifswald arbeiten: Dort hatten Unbekannte am Jahrestag der Pogromnacht am 9. November alle elf im Stadtgebiet verlegten Stolpersteine aus dem Straßenpflaster gebrochen. Das Geld für die Aktion sei bereits zusammengekommen, sagte Demnig. Der Preis für den Künstler ist mit 10 000 Euro verbunden, die er spenden wird. Das Geld solle in Dresden bleiben, sagte Demnig. Er wolle es für weitere Stolpersteine und für die Pflege von Gräben spenden. Zudem wolle er das Bündnis „Dresden nazifrei“ unterstützen.

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