Amy Winehouse: Ein Ausnahmetalent am Abgrund

Porträt: Amy Winehouse wird am Sonntag 25 Jahre alt. Mit Drogen und Alkohol gefährdet sie ihre Stimme – und ihr Leben.

London. Jungfrauen sind die Spießer unter den Sternzeichen: kontrolliert, vernünftig, pünktlich, zuverlässig, gut organisiert und ordentlich. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Amy Winehouse, das prügelnde, saufende und Crack rauchende musikalische Ausnahmetalent aus London, feiert am Sonntag ihren 25. Geburtstag - und das grenzt bei ihrem Lebensstil schon fast an ein kleines Wunder.

Die Sängerin mit der auftoupierten Megatolle und dem markanten Lidstrich ist die "schwarze Königin der Skandale", wie sie der Stern kürzlich nannte. Sie hat eine raue, kehlige Stimme, die konkurrenzlos ist, und schreibt Songs, die Kritiker und Publikum gleichermaßen begeistern. Trotzdem machte sie vor allem in der vergangenen Zeit eher mit ihren Eskapaden als mit ihrer Musik Schlagzeilen.

Doch woher kommt dieser Hang zur öffentlichen Selbstzerstörung? "Nichts von dem, was ich mache, ist durchdacht oder vorher geplant", sagte die zierliche, fast schon dürre Winehouse in einem Interview. "Das ist ja auch der Grund, warum ich so einen Haufen Blödsinn anstelle. Ich bin einfach die, die ich bin."

Sie ist eine öffentliche Person, die keine Anstalten macht, ihr Privatleben

geheim zu halten. Ihr Backsteinhaus im Jeffrey’s Place, einer kleinen einspurigen Pflastersteinstraße in London, ist im Gegensatz zu dem von Kate Moss, die ganz in der Nähe wohnt, nicht eine Festung mit hohen Mauern und Überwachungskameras. Ab und an kommen Fans vorbei und klingeln einfach an der Haustür, zig Fotografen belagern täglich ihr Heim.

Bereits als Kind bewies Winehouse ihr Talent: "Ich sang ihr immer Songs vor, und sie füllte die Lücken, ohne die Lieder wirklich zu kennen", erzählt ihr Vater Mitch Winehouse. "Darin war sie brillant."

Ihr großes Vorbild war schon in Kindertagen Billie Holiday. Die Jazzlegende wurde in Armut geboren und starb auch in Armut im Alter von nur 44 Jahren. Sie wurde mit zehn Jahren vergewaltigt, war mit 15 Prostituierte. Holidays Songs sind das vertonte Leiden.

Amy Winehouse macht es ihrem Idol nach: Ihre besten Lieder, "Rehab", "Love Is A Losing Game" und "Back To Black", sind Tagebücher einer Frau, die emotional auf keinem guten Weg ist. Sie hatte zugegeben, an Essstörungen zu leiden und sich selbst zu verletzen. "Daliegen und Weinen", sagte sie, sei eine häufige Beschäftigung.

"Es ist eine Schande, aber so ist Amy eben", sagt ihr Vater. "Sie kann am kreativsten sein, wenn andere ins Krankhaus müssten. Wenn sie kaum noch stehen kann, holt sie ihr Notizbuch heraus und fängt an, Songs zu schreiben."

Auch sie hat ihr Problem erkannt - ohne es beheben zu wollen: "Nur Schmerzen machen mich lebendig", sagte sie einmal. Wahrscheinlich wird sie an diesem Bedürfnis früher oder später sterben.

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