Andrea Jaeger: „Ich will einfach Trost spenden“

Ex-Tennisprofi Andrea Jaeger war mal die Nummer zwei der Weltrangliste. Nun hilft sie den Menschen von Newtown.

Newtown. Ein Engel ist Andrea Jaeger sicher nicht. Aber fast. Vor 30 Jahren war sie eine Profitennisspielerin, die sich mit Siegen über Martina Navrátilová und Chris Evert bis zur Nummer zwei der Weltrangliste hochkämpfte. Heute ist sie eine stille Helferin, die erst die Opfer des Wirbelsturms „Sandy“ und nun den Menschen in Newtown nach dem Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule unterstützt.

„Ich glaube, dass Gott mich zweimal an die richtige Stelle gesetzt hat“, erzählt die Tochter deutscher Eltern. Eigentlich lebt sie in Colorado, gute 3000 Kilometer von New York entfernt.

„Aber ich war Ende Oktober beruflich in New York — und dann kam „Sandy“.“ Innerhalb von ein paar Minuten wurde ihr Hotel evakuiert, an den Heimflug war nicht zu denken. „Ich erlebte den Sturm mit. Und vor allem habe ich erlebt, wie viele Familien danach gelitten haben.“ Viele hatten alles verloren, hatten über Wochen weder Strom noch Heizung und in vielen Häusern stand tagelang das Wasser.

„Ich habe ein paar Tage mitgeholfen und bin dann nach Hause geflogen“, erzählt die 47-Jährige. „Aber es hat mich in Colorado nicht losgelassen, also bin ich nach ein paar Wochen wieder zurück nach New York.“ Insbesondere auf Staten Island half sie, weil dieser New Yorker Stadtbezirk besonders betroffen war. „Meistens habe ich einfach nur Trost gespendet.“

Aber sie war auch der „Secret Santa“: „Viele Familien können sich nach „Sandy“ kein Weihnachtsfest mehr leisten. Ich bin deshalb in die umliegenden Spielzeugläden gegangen und habe nach angezahlten oder bestellten Spielsachen gefragt. Die habe ich dann einfach bezahlt.“ Das macht sie nicht zum ersten Mal. Eigentlich hat sie eine Initiative für krebskranke Kinder, da arbeitet sie ähnlich.

„Am Freitag wollte ich nach Hause fliegen“, sagt Jaeger. „Kurz vor dem Abflug hörte ich von dem furchtbaren Amoklauf ganz in der Nähe, und dass so viele Kinder unter den Opfern waren.“ Also eilte sie nach Newtown in Connecticut, um die Menschen zu unterstützen.

„Die Familien, die Kinder verloren haben, haben hoffentlich professionelle Hilfe“, sagt Jaeger. „Aber der ganze Ort ist traumatisiert. Die Menschen hier hätten so etwas überall erwartet, nur nicht in ihrer kleinen Stadt.“ Sie redet viel mit den Leuten, betet mit einigen und spricht vor allem Trost zu.

„Ich war in Dunblane“, sagt Jaeger. In der schottischen Kleinstadt hatte 1996 ein Mann 16 Kinder und ihre Lehrerin erschossen. Die Kinder waren so alt wie die in Connecticut. „Es war eine furchtbare Katastrophe, unbeschreiblich und unvorstellbar. Den Menschen in Newtown möchte ich aber sagen: Es gibt ein Leben danach. Es wird nie wieder so sein wie zuvor, aber es gibt ein Leben danach, nach all der Trauer und diesem Verlust.“

Und es gibt Hoffnung: „Eines der Kinder, das den Amoklauf in Dunblane überlebte, ist Andy Murray“, sagt Ex-Tennisprofi Jaeger lächelnd. Der 25-Jährige ist heute Weltklassespieler und Olympiasieger — im Tennis.

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