Bei der Wahrsagerin: „Ich sehe, was Ihnen passiert“

Madame Destemona aus Solingen möchte den Menschen helfen, die richtige Entscheidung zu treffen. Ihre Kunden stehen fast immer vor einem großen Problem.

Solingen. Prognosen zum Weltgeschehen wird man von ihr nicht hören. Aus der Politik hält sie sich raus. "Dort machen sowieso alle, was sie wollen."

Dafür liegen ihr die Sorgen und Nöte der kleinen Leute am Herzen. In der Stadt und unter Menschen trifft man sie allerdings nur selten. Zu viele Eindrücke, zu viel Bedrückendes. Stattdessen geht Madame Destemona in den Wald, um sich der Natur zu öffnen.

Dass sie irgendwann als Wahrsagerin die Nachfolge ihrer berühmten Großtante Buchela antreten wird, hat ihr diese schon früh mit auf den Weg gegeben. Margarethe Gousanthier sorgte nach dem Zweiten Weltkrieg als "Pythia vom Rhein" mit ihren Vorhersagen für Schlagzeilen.

In diesem Sinne hat Madame Destemona, mit bürgerlichem Namen Michaela Garcev, vor Jahren die Nachfolge angetreten. Noch heute verwahrt sie die Lenormand-Karten, die sie in ihrer Jugend von der Großtante geschenkt bekam.

Mittlerweile sind die Symbole abgegriffen. Dem Kartendeck von Marie Lenormand, die damit Napoleon und seiner Frau die Zukunft vorhergesagt haben soll, ist sie jedoch treu geblieben. Nur gelegentlich verwendet sie Kipperkarten, Tarot oder ein gewöhnliches Skatdeck.

Und wie läuft nun eine Beratung bei Madame Destemona ab? "Die Menschen machen einen Termin mit mir und sind meistens ziemlich aufgewühlt und aufgeregt. Ich nehme mir viel Zeit und will auch vorher nicht wissen, warum jemand zu mir gekommen ist", erzählt Destemona, die diesen Namen schon seit ihrer Kindheit trägt.

Über die Zukunft ihrer Kunden spricht die Wahrsagerin aus Solingen erst, nachdem Vergangenheit und Gegenwart aufgelegt und gesehen sind. Sie erkennt Persönlichkeitsstruktur, Anlagen, Partnerschaften, Blockaden, berufliche Entwicklungen und finanzielle Schwierigkeiten.

"Jeder Mensch hat ein individuelles Energiefeld, in dem alle Informationen seines Lebens enthalten sind. Was er erlebt hat, was er gerade erlebt und in der Zukunft erleben wird. Auf dieses Energiefeld stimme ich mich während einer Beratung mittels meiner Karten ein."

Die 46-Jährige empfängt vorwiegend Kunden, die ein schweres Problem haben oder vor einer weitreichenden Entscheidung stehen. So sagte sie einem Firmenbesitzer den Verlust seines Unternehmens voraus, um ihm Jahre nach der Insolvenz eine florierende Firma zu prophezeien. Beides stimmte.

Geschäftsleute, Politiker oder die einfache Hausfrau - das Spektrum der Menschen, die auf kompetente Beratung und Hilfe hoffen, ist groß. "Fast alle kommen wieder", sagt Destemona, die die Trefferquote ihrer Vorhersagen mit 90 Prozent angibt.

Dabei scheut sie sich auch nicht, ihren Kunden Unangenehmes zu erzählen. "Wir sind unseres Glückes Schmied", sagt sie und spricht im gleichen Atemzug von mehreren Wegen, die man einschlagen kann. Dabei sei sie sich durchaus der Verantwortung bewusst, die sie ihren Besuchern gegenüber hat.

So manches persönliche Schicksal lässt sich nicht abschütteln. "Das trage ich dann noch lange mit mir herum."

Wie funktioniert nun eigentlich eine mediale Beratung und wie stellt man sich das vor, was man gemeinhin unter Wahrsagen versteht? Destemona: "Jeder Mensch verfügt über zwei kleine Arten des Sehens - den so genannten siebten Sinn oder auch Bauchgefühl genannt und den Traum. Die große Gabe des Hellsehens ist aber nur bei wenigen Menschen stark ausgeprägt."

Großtante Buchela habe immer behauptet, dass es weltweit nur etwa fünfzig gute Wahrsager mit angeborener Hellsichtigkeit gebe. Solche Menschen könnten im Energiefeld ihrer Klienten wie in einem Buch lesen. "Ein guter Wahrsager weiß immer detailliert die Vergangenheit, kennt die Gegenwart und hat Einblick in die Zukunft", sagt Destemona voller Selbstbewusstsein.

Sie selbst sieht häufig Bilder, die von innen kommen. Manchmal sind es auch Gefühle oder innere Stimmen. Als junges Mädchen hat sie ihre Tante gefragt: "Du, wie ist das bei Dir, was passiert da?" Die habe zuerst versucht zu erklären, sei dann aber zornig geworden und habe gesagt: "Jetzt nimm es halt einfach an, du weißt es doch eh."

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