Er bringt Fabelwesen auf die Bühne

Der Kölner Carsten Sommer baut Figuren für TV-Serien und das Theater. Seine bekanntesten sind Käpt’n Blaubär und dessen Freund Hein Blöd.

Köln. In Bickendorf, mitten im Industriegebiet, schlägt das Herz von Zamonien. Jenem Kontinent, den Comic-Zeichner, Illustrator und Schriftsteller Walter Moers ersann und mit fantastischen Wesen bevölkerte. Sein wohl bekanntestes Geschöpf ist Käpt´n Blaubär.

Zu Anfang begeisterte der zottelige Seemannsgarn-Spinner hauptsächlich Kinder in "Die Sendung mit der Maus". Erst später legte Moers mit "Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär" seinen ersten Zamonien-Roman vor. Der Schmöker war ein Bestseller. 2006 erlebte er in Köln seine Musical-Premiere.

Die Geschöpfe im ersten Teil waren hinreißend. Sehr putzig und zugleich sehr skurril: Zwergpiraten mit knubbeligen Warzen-Nasen, ein glitschiger Gallertprinz namens Qwert Zuiopü oder die wulstige Haifisch-Made Smeik, die, wie der Name schon verrät, halb Haifisch und halb Made ist.

In Bickendorf wurden sie geboren. In der Werkstatt von Carsten Sommer. Das, was der 40-Jährige beruflich macht, lässt sich nur schwer beschreiben. Es ist eine Mischung aus Handwerk, Fantasie und Formgebung, Elektrotechnik, Kostümbildnerei und Filmverständnis, aus Bühnen-Dramaturgie, Materialkunde und Mathematik. Er nennt sich "Designer für Trick- und Spezialobjekte". Kein Beruf, den man studieren kann. "Ich bin da so reingerutscht", erzählt er.

Als Junge war er fasziniert von "Sindbads siebente Reise" und "Star Wars" und von den Trick-Figuren und Fabelwesen, die dort auftauchten. Mit zwölf Jahren leiht er sich in der Bücherei ein Buch über Trickfilmtechnik: "Und das war’s dann."

Die erste Figur, die er selbst baut, ist ein Tyrannosaurus Rex, den er durch die gefilmte Straße laufen lässt, in der er wohnt. Schon während seiner Abi-Zeit fertigt er Gummipuppen für die TV-Satireserie "Hurra Deutschland", arbeitet später für eine Trickfilmfirma, entwirft Animationen fürs Sandmännchen. Auch der Fernseh-Blaubär ist von ihm. Ebenso wie Hein Blöd oder die drei bunten Enkelkinder.

Für die Bühnenfassung war Sommer unverzichtbar: "Walter Moers kenne ich jetzt seit 20 Jahren, und wir sind inzwischen super befreundet." Figuren aus Latex, Styropor, Schaumstoff, Kohlefaser oder Kunststoffen, Hand- puppen und Modelle von Daumennagelgröße bis Schrankwandformat entstehen in enger Zusammenarbeit mit dem scheuen Autor: "Die Initialentwürfe kommen immer von Walter. Der weiß sofort, wen er sich wie vorstellt."

Sommer dagegen muss schon mal im Drehbuch nachlesen, wie ein Charakter angelegt ist. "Hein Blöd ist nicht nur blöd, er hat auch seine lichten Momente" oder "Zwergpiraten sind zwar größenwahnsinnig, aber auch gutherzig".

In der Werkstatt stapeln sich Kisten, die mit "Augen", "Nasen" oder "Körper Mythenmetz" beschriftet sind. Dazwischen überwintern Politikerfiguren wie Klaus Wowereit und Gerhard Schröder im Karton. Moers Figuren sind besonders anspruchsvoll: "Sie sind plakativ und provozierend, ironisierend, aber auch niedlich und in jedem Fall ungewöhnlich." Ungewöhnlich wie Carsten Sommer, der stundenlang daran tüfteln kann, dass die gelben Augäpfel eines Böswolfs auch richtig böse rollen oder Tage damit verbringt, einen Drachenkopf Schuppe für Schuppe zu kolorieren.

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