Gräfin Guttenberg schaut hin

Die Frau des Verteidigungsministers hat über Kindesmissbrauch geschrieben – auch auf die Gefahr hin, anzuecken.

Berlin. Politikerfrauen schreiben gern Bücher. Die Frau von Ex-Kanzler Gerhard Schröder beispielsweise, Doris Schröder-Köpf, beantwortete Kinderfragen über den Politbetrieb. Ein weitaus schwierigeres Thema fasst Stephanie zu Guttenberg (33) an, Frau von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: "Schaut nicht weg!" ist ein Buch über Kindesmissbrauch.

Es liegt in der Natur der Sache, dass zu Guttenberg - Präsidentin von "Innocence in Danger", einer Organisation gegen Missbrauch - auch Werbung für ihr Hilfswerk machen will. Das ist kein Frevel, dient es doch dem guten Zweck. Die Mutter zweier kleiner Töchter will wachrütteln.

Das Tabuthema ist seit den Missbrauchsfällen in der Kirche oder an der Odenwaldschule brandaktuell. Nebenbei poliert Frau zu Guttenberg mit der Wohltätigkeitsarbeit, die sonst Sache von First Ladys ist, weiter ihr Image auf. Die geborene Gräfin und ihr Mann gelten schon als Vorzeigepaar der deutschen Politik.

In "Schaut nicht weg!" geht es aber nicht um Politkarrieren, sondern um Popstars in Pornoklamotten und pädophile Täter aus dem Familienkreis. Die Lektüre ist bedrückend und beschämend. Von der Gefahr, dass Papa "Stehaufmännchen" mit seinem Kind spielt, ist die Rede. Das Sujet einer Ministergattin mit Perlenohrringen stellt man sich anders vor.

Das Buch ist ein Appell an die Gesellschaft und ein Ratgeber, wie Eltern erkennen können, dass ihr Kind missbraucht wurde - und wie sie helfen können. Und es warnt vor Chatrooms und sozialen Netzwerken im Internet, in denen Pädophile Kindern auflauern können.

Zu Guttenberg gibt nicht die brave Ministergattin. Sie schießt auch der Bundesregierung vor den Bug: "Die Bundesregierung ist in ihrem Bemühen, gegen Kinderpornografie im Internet anzugehen, keinen Schritt vorangekommen."

Zündstoff birgt auch die Kritik an der katholischen Kirche. "Haben wir nicht schon immer gewusst, dass gerade die Machtstrukturen der katholischen Kirche und deren teils weltfremde Sexualmoral den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch einzelne Täter erst begünstigen?", fragt die evangelisch getaufte Autorin.

Bei manchen Lesern wird zu Guttenberg mit ihrer konservativen Einstellung zum Familienbild anecken. So schreibt sie, dass Kinder alleinerziehender Eltern eher Opfer sexueller Gewalt werden. "Heute weiß man, dass Kinder, die zu früh zu viel Trennung erleiden, weniger gut gegen sexuelle Gewalt geschützt sind."

Hin und wieder ist auch ein Einblick in den Haushalt der zu Guttenbergs erlaubt. Der Leser erfährt, dass Stephanie zu Guttenberg eine strenge Mutter ist. Einen Computer im Kinderzimmer erlaubt sie nicht. So könnten die Kleinen nicht unkontrolliert im Internet surfen.

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