Interview: Kessler zieht alle durch den Kakao

„Switch reloaded“-Star Michael Kessler (37) über Moderator Günther Jauch und die Kunst der Parodie.

Herr Kessler, Sie parodieren schon seit so vielen Jahren Günther Jauch. Was bedeutet es für Sie, dass er Talkmaster im Ersten wird?

Kessler: Ich freue mich tierisch. Endlich können wir mal ein anderes Format parodieren als die gefühlten Millionen Ausgaben von "Wer wird Millionär?" oder "Stern TV". Im Lauf der Jahre hat sich bei ihm ja im Grunde nur die Brille verändert - am Anfang gar keine, dann eine fast randlose, jetzt eine mit dunklem Gestell. Ansonsten liefert er gleichbleibende Qualität ab (lacht).

Ihre wohl bekannteste Parodie neben Jauch ist die auf Adolf Hitler als Hauptfigur einer fiktiven Fernsehserie, die an "Stromberg" angelehnt ist. Früher galt es als Tabu, Witze über Hitler zu machen...

Kessler: Als wir in den 90ern bei "Switch" in einer Parodie auf Guido Knopps Dokureihe "Hitlers Helfer" unter anderem enthüllt haben, wie Hitler zu seiner merkwürdigen Stimme kam, waren wir die ersten, die sich so was getraut haben. Das hat damals für starke Reaktionen gesorgt, aber heute nicht mehr.

Würden sie Sich manchmal wünschen, dass Ihre TV-Parodien mehr Kontroversen auslösen?

Kessler: Von mir aus könnte es ruhig zu größeren Reibereien kommen, weil sich unsere Sendung satirisch mit dem Fernsehen auseinandersetzt. Aber mit dem steigenden Erfolg war zu beobachten, dass viele unserer Opfer das alles plötzlich unheimlich lustig fanden. Das war früher anders. Durch die Volksmusikszene ging ein Aufschrei, als ich ihren Florian Silbereisen durch den Kakao gezogen habe - da haben die kräftig zurückgejodelt.

Wie viel Zeit verbringen Sie auf der Suche nach neuen Ideen vor dem Fernseher?

Kessler: Viel zu viel. Wenn ich eine Figur neu einstudiere, verbringe ich unzählige Stunden mit DVDs. Ich studiere die Figuren intensiv, ich weiß genau, wo Jauch den Ring trägt, welche Uhr und was für eine Brille er hat. Und dann besorgen wir genau diese Brille und einen Anzug, der von Farbe und Stil ganz nah am Original ist, damit sich das Ganze für den Zuschauer nicht fremd anfühlt.

Und vor dem Spiegel üben Sie dann Sprache und Mimik ein, etwa Jauchs schelmisches Lausbubengesicht?

Kessler: Nein, da höre ich auf einen alten Rat meines Schauspiellehrers: Nie etwas vor dem Spiegel einstudieren, weil man sich bei diesem Vorgang besser nicht selber beobachtet. Man muss Gestik und Mimik in den Körper hineinbekommen, das mache ich im Wohnzimmer. Aber die Figuren begleiten mich auch, wenn ich unterwegs bin - dann kann es sein, dass ich auf der Straße plötzlich wie Jauch gehe.

Ist es besser, wenn man jemanden nicht so mag?

Kessler: Ja, das ist besser. Ich musste mal Frank Plasberg parodieren, den ich persönlich kenne und sehr schätze, das war nicht so einfach. Wenn man jemanden vielleicht nicht so schätzt, geht es leichter, aber ich werde Ihnen jetzt kein Beispiel sagen!

Schade. Und an welcher Figur haben Sie sich mal die Zähne ausgebissen?

Kessler: Ich habe einmal Guido Cantz gemacht, da saß ich in der Maske und merkte, dass das nicht funktionieren würde - aber das passiert jedem Kollegen mal.

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