Maria geht ins Kloster — für immer?

Eine Auszeit ja, aber auf ewig hinter Mauern leben, das wollen nur die wenigsten Menschen. Maria Merk schon.

Bremen. Maria Merk ist 35, ausgebildete Anästhesistin, ledig und flexibel. Doch irgendwann im Leben kommt der Moment, wo man sich entscheiden muss. Für viele Frauen in ihrem Alter heißt das: Kind oder Karriere?

Jahrelang war Merk auf der Suche nach dem richtigen Weg, horchte immer wieder in sich hinein. Jetzt steht ihre Entscheidung fest: keine Kinder, keine Karriere. Stattdessen geht Maria ins Kloster — und zwar für immer, hofft sie.

Vor wenigen Tagen hielten die junge Frau vor allem weltliche Dinge auf Trab. Sie steckte mitten im Umzug, packte Kisten und hat die Wände in ihrer Wohnung gestrichen. „Ich werde mit einer Autoladung runterfahren. Es ist ja nicht so, dass man abgeschnitten wird von dem, was man war“, sagt Merk. Ihre Gitarre, Klamotten und die Bastelsachen wird sie mit ins fränkische Selbitz nehmen.

Es wird ein Abschied auf Raten. In ihrem ersten Jahr bei der evangelischen Christusbruderschaft, dem Postulat, wird sie noch ihre eigene Kleidung tragen. Erst als Novizin wird sie die Tracht anlegen.

Vielleicht wird sie mit der Zeit immer mehr loslassen können, um ihr Leben allein Gott und der Gemeinschaft widmen zu können. „Ich glaube, dass das ein Prozess ist.“ Merk lächelt, als sie das sagt. Dass es nicht immer einfach sein wird, ist ihr klar. Trotzdem wirkt sie gelöst und glücklich.

Der Tagesablauf in der Christusbruderschaft ist von festen Gebets- und Arbeitszeiten geprägt. In den ersten drei Jahren wird sie eine Art Ausbildung durchlaufen, das Leben im Orden, die Liturgie und die verschiedenen Arbeitsbereiche kennenlernen. Dabei wird sich Merk immer wieder auf die Probe stellen müssen. Ist das wirklich der richtige Weg?

30 bis 40 Prozent der Anwärter entscheiden sich am Ende gegen das Leben im Orden. Diese Erfahrung hat Priorin Anna-Maria aus der Wiesche über die Jahre gesammelt. Ausschlaggebend ist meistens nicht, dass sie auf Ehe und Kinder verzichten müssen.

„Besonders schwer fällt ihnen das Versprechen des Gehorsams, dass sie nicht mehr so autonom sind. Unsere Gesellschaft ist von Individualität geprägt, bei uns wird aber alles in der Gemeinschaft entschieden.“

Maria Merk hat den ersten Schritt getan, den größten aber noch vor sich. Schon als Jugendliche träumte sie von einem Leben im Kloster. „Ich habe mich aber lange nicht getraut, dem nachzugehen. Ich hatte einfach die Sorge, dass ich bestimmte Dinge nicht aufgeben kann.“

Nachmittags entspannt in einem Café sitzen oder auf Partys gehen — darauf kann sie mittlerweile verzichten. Wirklich schwer wird ihr jedoch fallen, dass sie ihre Freunde und Patenkinder nicht mehr so oft sehen kann. „Das ist ein Knackpunkt, wo ich nicht weiß, ob ich damit klarkomme.“

Zwei Wochen nach ihrer Ankunft in Selbitz schreibt Merk eine E-Mail. „Mir geht es hier sehr gut. Ich arbeite jetzt schon die zweite Woche mit und so langsam durchschaue ich den Tages- und Wochenablauf.“ Was die Zukunft bringe, meint sie, das werde sich schon zeigen.

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