Mireille Mathieu: Der ewige Spatz von Avignon

An Mireille Mathieu und ihren Liedern scheint die Zeit spurlos vorübergegangen zu sein. Am Freitag wird sie 65 Jahre alt.

Paris. Unverkennbar, unnahbar, zeitlos: Man könnte Mireille Mathieu wohl ohne Übertreibung ein Phänomen nennen, eine Ausnahmeerscheinung. Sie gehört zu jenen Musik-Ikonen, für die die Zeit stillzustehen scheint.

Seit mehr als 40 Jahren zwitschert der Spatz von Avignon Lieder von Liebe und Leid. Immer tritt Mathieu mit schwarzem Pagenkopf auf, trägt kirschroten Lippenstift und sagt „Dankeschön“ — mit strahlendem Lächeln und Akzent wie eh und je. Mireille Mathieu, die heute ihren 65. Geburtstag feiert, gehört in die Kategorie der Schlagersänger, die es in der schnelllebigen Welt geschafft haben, zu einem Markenzeichen zu werden.

Die Deutschen haben eine besondere Schwäche für die kleine Französin. Von den weltweit mehr als 120 Millionen Alben verkaufte Mathieu ein Drittel in Deutschland. Als sie nach mehr als 20 Jahren im Frühling 2008 erstmals wieder von Kiel über Zwickau bis München tourte, waren ihre Fans so begeistert wie früher.

Es ist erstaunlich, wie die Sängerin mit ihren eingängigen Liebesliedern die „ZDF-Hitparade“-Zeiten überlebt hat. Nach der Franko-Kanadierin Céline Dion ist sie bis heute die kommerziell erfolgreichste französischsprachige Sängerin der Welt. „Ich glaube, die Menschen spüren, dass ich es liebe, auf der Bühne zu stehen. Und vielleicht berührt auch, dass ich mit 1,53 Metern zu den eher kleineren Menschen gehöre“, sagt die Musikerin.

Die Französin hat mit „Pariser Tango“ und „Akropolis Adieu“ die Herzen der Deutschen erobert und mit dem Klischee der französischen Frau als „Femme fatale“ Schluss gemacht. Vielleicht liegt darin der Grund für ihre große Beliebtheit in Deutschland. Mathieu ist züchtig, konservativ und katholisch. Eine Frau, die ohne Geschichte ist und auch keine Geschichten macht. In ihren Liedern singt sie zwar unentwegt von der Liebe, über ihr Privatleben schweigt sie sich jedoch konsequent aus. Das sei ihr „jardin secret“, ihr Geheimnis, antwortet sie nur.

Anders als Edith Piaf hängt Mireille Mathieu nicht das Image einer verruchten Sängerin an. Sie ist unverheiratet und pflegt eine enge Beziehung zu ihrer Familie. Die Lebensgeschichte Mathieus liest sich wie ein modernes Aschenputtel-Märchen: Sie wuchs als Älteste von 14 Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen auf. Als Teenager verließ die in Avignon geborene Sängerin die Schule, weil sie unter Legasthenie litt und begann in einer Papierfabrik zu arbeiten, wo sie Briefumschläge faltete. 1964 gewann sie den Wettbewerb für unbekannte Musiktalente in Avignon, ihr kometenhafter Aufstieg begann.

Bemerkenswert ist auch Mathieus gutes Aussehen. Das liege in den Genen und an der gesunden Lebensweise, sagt sie. Mathieu schläft durchschnittlich neun Stunden, meidet die Sonne, isst Bioprodukte, raucht nicht und trinkt nur in Maßen — am liebsten Bordeaux und Champagner. Schönheitsoperationen lehnt die Sängerin ab. „Das ist schrecklich, man sieht es im Gesicht“, findet Mathieu. Da gehe die ganze Ausstrahlung verloren.

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