Müntefering trauert um seine Frau

Für Ankepetra Müntefering war der damalige Vizekanzler zurückgetreten. Nun ist sie an Krebs gestorben.

Bonn. Im November vergangenen Jahres trat Franz Müntefering als Vizekanzler und Arbeitsminister zurück, weil er seiner krebskranken Frau beistehen wollte. Nun ist Ankepetra Müntefering am Donnerstagnachmittag in ihrem Haus am Stadtrand von Bonn gestorben. Sie wurde 62Jahre alt. Ihr Mann Franz hat sie bis zuletzt gepflegt.

"Länger warten konnte ich nicht", sagte Franz Müntefering wenige Tage nach dem Ausscheiden aus der Regierung in einem "Spiegel"-Interview. Müntefering erzählte von der fünften Operation, der sich seine Frau unterziehen musste.

Er sprach von der ausführlichen Reha, die bevorstand. Und er sagte einen Satz, den kein deutscher Spitzenpolitiker vor ihm formuliert hatte: "Man kann diese beiden Aufgaben - für seine Frau wirklich da sein und ein Ministerium führen - nicht vereinbaren. Da muss man sich entscheiden."

Müntefering hatte sich entschieden. Er zog sich zurück, war fortan die meiste Zeit daheim in Bonn - an der Seite seiner Frau. Die Schlagzeile vom "Rücktritt aus Liebe" prägte sich ein. "Ich werde in Bonn sein bei meiner Frau und alles dafür tun, dass sie wieder Kraft gewinnt. Dann hoffe ich, dass wir, wenn die Sonne wieder richtig scheint im nächsten Frühjahr, in eine bessere Phase gehen."

Nach Operationen und Chemotherapie galt der Krebs von Ankepetra Müntefering zeitweise als besiegt, aber er kam wieder. "So etwas sind existenzielle Situationen. Da relativiert sich manche politische Aufgeregtheit schnell", sagte Müntefering. Er sei "voller Sorge - mehr als man zeigen kann".

Ausgerechnet die spröde, distanzierte Art des Mannes, der sich selbst einmal als "Alleiner" bezeichnet hat, trägt Müntefering einen fast liebevollen Respekt ein - in der eigenen Partei und in der Öffentlichkeit. In einer Ende Juni veröffentlichten Umfrage, also lange nach seinem Rückzug, bezeichneten 51Prozent der SPD-Anhänger den 68-Jährigen als geeigneten Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Müntefering machte sich auf der politischen Berliner Bühne rar. In internen Papieren soll er jedoch Empfehlungen für den Kurs bis zur Bundestagswahl gegeben haben - darunter eine scharfe Abgrenzung zur Linken. Parteichef Kurt Beck ermahnte er: "Der Fehler ist gemacht", schrieb Müntefering auf seiner Schreibmaschine.

Ende Mai forderte das SPD-Urgestein auch öffentlich eine scharfe Abgrenzung zur Linken: "Es wäre sehr hilfreich, wenn meine Partei das auch noch einmal ausdrücklich beschließen würde", forderte der frühere Partei-Vorsitzende - wohlwissend, dass er mit einer solchen Aussage auch Kurt Beck unter Druck setzen würde.

Franz Müntefering hat eine Rückkehr in die Spitzenpolitik nie ausgeschlossen. Nach seinem Ausscheiden aus dem Kabinett sagte er: "Es ist kein Abschied aus der Politik. Ich bleibe im Bundestag, wenn auch die nächsten Wochen und Monate mit gebremster Kraft. Danach vielleicht mit mehr."

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