Niki Pilic: Der ewige Tennis-Teamchef

Niki Pilic hat mit Serbien den Davis Cup gewonnen – sein fünfter Titel. In Deutschland wollte ihn niemand mehr.

Düsseldorf. Nach dem großen Triumph rasierten sie ihm die Haare. Die übrig gebliebenen grauen Stoppeln verrieten, dass sich der 71-jährige Niki Pilic bei vollem Haar dasselbe dunkel färben muss. Doch für Eitelkeit blieb an diesem Tag der Euphorie in Belgrad kein Platz. Serbien hatte das Finale 3:2 gegen Frankreich gewonnen. Aus Tennisspielern wurden Volkshelden. Und aus dem Tennis-Trainer Pilic der Vater des Erfolgs.

Am Montag präsentierte sich das Team um Star Novak Djokovic auf dem Belgrader Rathausbalkon. Und Pilic genoss die Genugtuung, den begehrtesten Nationen-Cup der Tennis-Welt zum fünften Mal gewonnen zu haben. Inzwischen mit der dritten Nation. Eine einmalige Bilanz.

2005 hatte er den Titel mit seinem Heimatland Kroatien gewonnen. Dass er nun den Serben beiseite stand, nahm ihm niemand übel. "Politik ist für die Politiker, Sport für Sportler", sagt er dazu.

Gleich dreimal, 1988, 1989 und 1993, holte er den Titel mit der deutschen Generation um Boris Becker. Wenn Becker der Protagonist des Auf- und Abstiegs des deutschen Tennis war, war Pilic das wiederkehrende Gesicht dazu.

Er war Motivator und Vermittler, Vater einer ganzen Generation mit Spielern wie Boris Becker, Michael Stich, Carl-Uwe Steeb, Eric Jelen und dem heutigen deutschen Davis-Cup-Teamchef Patrik Kühnen. "Es gab leichtere Aufgaben, als unser Team zu führen", sagte Jelen gestern unserer Zeitung.

"Niki kann das wie kein Zweiter. Er kann ein Team für ein Ziel formen und motivieren, ist Freund und dabei absolute Respektperson." Und Jelen sagt: "Diese Titelsammlung, das ist kein Zufall mehr." Zum 70. Geburtstag Pilics trafen sich die deutschen Helden im vergangenen Jahr in München.

Seine vielleicht schwierigste Aufgabe liegt lange hinter ihm: Anfang der 90er Jahre musste er zwischen den verfeindeten deutschen Spitzenspielern Boris Becker und Michael Stich vermitteln. Die gewannen 1992 in Barcelona zwar gemeinsam Olympia-Gold, sprachen aber nicht miteinander.

"Da musste ich zwischen ihren Zimmern hin- und herpendeln. Und viel lügen", gestand Pilic unlängst der "Süddeutschen Zeitung".

Eben dieser Becker ist sein ewiger Begleiter: 1993 drängte ihn sein Schützling von einst aus dem Job des Davis-Cup-Teamchefs und übernahm selbst. Erfolglos. "Es war klar, dass Becker in dieser Rolle scheitern würde", sagte Pilic später. Seither spielte der Tennis-Weise aus Kroatien im deutschen Tennis keine Rolle mehr.

"Die Leute fragen mich seit Jahren nicht mehr. Sie wissen alles besser", sagt Pilic, der mit seiner Tennis-Akademie in Oberschleißheim gerade in die Insolvenz gehen musste. Einst wollte der deutsche Tennis-Bund dort investieren, doch die Absprache ist nie eingehalten worden. Pilic sucht einen neuen Investor.

Er ist ein Held mit Problemen. Einer, der aus Stich einst die Nummer zwei der Welt machte. Und auch Djokovic in seiner Akademie nach vorne brachte. Er ist einer mit der Nase für Talent, und mit Mut zum Nationalstolz: "Erst mit dem Titel für sein Land wird man zum Helden." Egal für welches, könnte man in diesen Tagen hinzufügen.

Noch heute spielt Pilic beinahe täglich Tennis. Urlaub sei nichts für ihn. "Mir ist nach drei Tagen langweilig." Und der Rat an Deutschland? "Man muss einen Weltklassespieler mit Charisma haben." Hat Deutschland aber nicht. Und Pilic wird auch nicht mehr nach ihm suchen. Erst einmal müssen ohnehin die Haare wieder wachsen.

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