Parkinson-Patient Kurt Masur: „Soll ich mich der Krankheit beugen?“

Dirigent Kurt Masur ist an Parkinson erkrankt. Von der Musik will der 86-Jährige dennoch nicht lassen.

Parkinson-Patient Kurt Masur: „Soll ich mich der Krankheit beugen?“
Foto: dpa

Leipzig. Der weltberühmte Dirigent Kurt Masur hat kürzlich aus gesundheitlichen Gründen ein Konzert in Paris abgesagt. Doch dem an Parkinson erkrankten Maestro geht es inzwischen wieder zunehmend besser. Am Freitag feiert er seinen 87. Geburtstag.

Im Interview spricht Masur über seinen Gesundheitszustand und über die Ereignisse vor dem Mauerfall im Oktober 1989, als er Gewandhauskapellmeister in Leipzig war.

Herr Masur, Sie haben einmal gesagt: „Ohne Musik kann ich nicht leben!“ Trifft der Satz noch heute zu?

Kurt Masur: Und ob! Es war nicht Ehrgeiz, der mich getrieben hat. Sondern ich glaube, dass mein Leben so programmiert ist.

Viele Musikfreunde verehren Sie und machen sich aber Sorgen, wenn Sie von Ihrer Krankheit gezeichnet auftreten.

Masur: Es ist keine Frage des Geldes! Auch in der Familie diskutieren wir und sind nicht immer einer Meinung. Wenn meine Frau Tomoko, mit der ich vier Jahrzehnte zusammenlebe, die auf ihre Sänger-Karriere verzichtet hat und die mir eine unentbehrliche Helferin ist, vom Auftritt abrät, setze ich mich dennoch durch.

Und wie sehen es Ihre fünf Kinder?

Masur: Auch meine Kinder schütteln manchmal mit den Köpfen, haben aber auch Verständnis. Mein jüngster Sohn, Ken-David, der jetzt zwei Jahre in München war und ab der neuen Saison in Boston arbeitet, ist Dirigent und weiß, was man für Kraft benötigt.

Manche Konzertbesucher sagen, sie hätten jahrzehntelang einen vitalen Dirigenten erlebt, nun sitzte er im Rollstuhl. Muss er sich das Dirigieren noch antun?

Masur: Soll ich mich Parkinson beugen?

Es war zu lesen, Sie trainieren im häuslichen Fitnessraum, um Ihre Muskeln zu stabilisieren?

Masur: Wir haben in Leipzig und New York, wo wir jeweils die Hälfte des Jahres leben, jeweils einen Raum eingerichtet, um mit Hilfe meiner Frau morgens und abends zu trainieren.

Was wünschen Sie sich für die kommenden Wochen?

Masur: Ich hoffe, dass ich mich gesundheitlich weiter stabilisiere und meine geplanten Meisterkurse bei den Studenten wahrnehmen kann. Besonders freue ich mich auf die Mendelssohn-Akademie, bei der erfahrene Dirigenten aus aller Welt sich den Werken des einstigen Gewandhauskapellmeisters und Gründers des Leipziger Konservatoriums nähern.

Inzwischen sind Sie ein Weltbürger. Wie beurteilen Sie heute die Ereignisse vom Oktober 1989?

Masur: Wenn man heute die Ereignisse von damals betrachtet, war es ein einmaliger und nicht wiederholbarer Vorgang. Und welch ein Glück: Deutschland ist wiedervereint!

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