Regisseur Fatih Akin: Früher führte er ein Doppelleben

Fatih Akin hatte keine Lust, den „Türken vom Dienst“ zu spielen. Er führt lieber Regie. Morgen wird er 40 Jahre alt.

Hamburg. Auch wenn es ein runder Geburtstag für ihn wird und dieser sogar auf einen Sonntag fällt, will Filmemacher Fatih Akin an dem Tag im Schnittraum sitzen. 40 Jahre alt wird der Regisseur aus Hamburg morgen — und steckt mitten in der Arbeit an seinem nächsten Werk.

„Er schneidet gerade den dritten Teil seiner Trilogie „Liebe, Tod und Teufel“, berichtet Sprecherin Karen Rudolph, „das interessiert ihn allemal mehr als sein Geburtstag.“ Nach den Themen Liebe mit „Gegen die Wand“, Tod mit „Auf der anderen Seite“ soll nun der Teufel folgen.

Für den Film mit dem bisherigen Titel „The Cut“ hat Akin in den vergangenen Monaten an den unterschiedlichsten Orten gedreht: Mit seiner Crew war er in Kuba, Jordanien, Kanada und Deutschland unterwegs, um den Schlusspunkt seiner Trilogie in Szene zu setzen. Um das Böse im Menschen geht es diesmal, als Hauptdarsteller holte er sich den Franzosen Tahar Rahim („Ein Prophet“, „Black Gold“).

Auch Akins Heimatstadt, wo er diesmal auf dem auf der Elbe im Hafen liegenden Museumsschiff „Rickmer Rickmers“ drehte, lieferte ihm erneut Motive — wie schon für so manches Werk des deutsch-türkischen Regisseurs aus Hamburg-Altona.

Sein Spielfilmdebüt „Kurz und schmerzlos“ von 1998 erzählte von drei Freunden im Kiez-Milieu von Altona. Seitdem hat der Regisseur für seine Werke zahlreiche Preise abgeräumt und gilt als einer der erfolgreichsten Filmemacher Deutschlands.

Nach „Kurz und schmerzlos“ folgten „Im Juli“, „Solino“ und 2004 mit „Gegen die Wand“ dann der Berlinale-Triumph und der internationale Durchbruch. Ob danach das Drama „Auf der anderen Seite“ oder die Komödie „Soul Kitchen“ — was Akin auf die Leinwand brachte, erntete Beachtung und Preise. Seine Dokumentarfilme „Crossing The Bridge“ und „Müll im Garten Eden“ waren unter anderem in Cannes zu sehen.

Nicht nur als Regisseur und Drehbuchautor, sondern ebenso als Produzent mit seiner Firma Corazón International („Chiko“, „Takva - Gottesfurcht“) feierte Akin Erfolge. Auch als Schauspieler stand er anfangs vor der Kamera, doch irgendwann wollte der in Hamburg geborene Sohn türkischer Einwanderer nicht mehr den „Türken vom Dienst“ geben. Schon als er zur Schule ging, schrieb er erste Drehbücher und filmte mit einer Super-Acht-Kamera.

In Altona führte der Sohn einer Lehrerin ein Doppelleben. „Erst Bücher ausleihen, die ich am besten versteckte, und die Brille abnehmen, denn ich bin kurzsichtig. Mitglieder einer Gang tragen keine Brille und lesen auch keine Bücher“, erzählt Akin in seinem 2011 erschienenen Buch „Im Clinch“.

Die Straße, in der er aufwuchs, habe die höchste Kriminalitätsrate in Hamburg gehabt. „Ich wurde bei den Türk Boys aufgenommen, trug eine Bomberjacke und hatte viel Gel in den Haaren.“ Geprügelt habe er sich, aber er war nie an Autodiebstählen, Einbrüchen oder Drogendeals beteiligt — und schaffte den Absprung. In Altona wohnt Akin noch immer, dort lebt er mit Ehefrau Monique und dem gemeinsamen Sohn. Heimat sei kein geografischer Ort, sagte er mal. „Heimat ist ein Zustand im Kopf, also der Ort, an dem man sich gerne aufhält.“

Seine Heimat sei Hamburg. „Ich für mich habe erkannt, so sehr ich die Türkei auch liebe, es ist das Land meiner Eltern“, erklärte er. „Ich liebe meine Eltern, und das Verhältnis, was ich dem Land gegenüber habe, ist sehr familiär bestimmt. Ich fühle mich verantwortlich, weil ich mich meinen Eltern gegenüber verantwortlich fühle.“

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