Regisseur Joseph Vilsmaier: „Die Gehässigkeit stirbt nie aus“

Regisseur Joseph Vilsmaier über „Der Meineidbauer“, Bergschnulzen und Zwietracht in der Gesellschaft.

Berlin. Liebe, Hass und ein folgenreicher Schwur: Meisterregisseur Joseph Vilsmaier (74) hat Ludwig Anzengrubers Volksstück „Der Meineidbauer“ (Freitag/20.15 Uhr) für die ARD neu verfilmt. Alles beginnt mit einer braven Magd, einem hinterhältigen Bauern und einem verschwundenen Testament.

Herr Vilsmaier, mit „Der Meineidbauer“ haben Sie erneut einen Heimatfilm gedreht. Was fasziniert Sie an diesem Genre?

Joseph Vilsmaier: Mich hat einfach die Geschichte fasziniert. Der Stoff basiert ja auf einem Stück von Ludwig Anzengruber, das er um 1870 rum schrieb, und das all die ewigen Themen behandelt, die den Menschen seit eh und je auf der Seele brennen. Liebe, Tod, Gier, Hass und Glück: Da ist alles drin, was die Menschen bewegt.

Schöne Bilder von den Alpen gibt’s noch dazu. . .

Vilsmaier: Klar, da muss man als Regisseur nicht viel dazutun, die herrliche Natur und die Berge sind ja vorhanden. Da musst du nur die Kamera draufhalten und dann passt das schon (lacht). Das sind tolle Motive, und man muss dem Zuschauer ja auch etwas bieten. Wir haben in den Lienzer Dolomiten gedreht, da kriegt man regelrecht Ehrfurcht, wenn man das sieht, ich kann mich da immer wieder begeistern.

Andere Filme, die am Freitagabend in der ARD laufen, sind meist seichte Angelegenheiten. Hat Sie das nicht abgeschreckt?

Vilsmaier: Nein, gar nicht, weil ich das nicht wusste. Ich befasse mich nicht mit Sendeplätzen und solchen Dingen. Ich habe den Film gemacht und tolle Schauspieler gehabt und freue mich, dass der Film zur besten Sendezeit läuft, ist doch wunderbar. Was sonst noch auf dem Sendeplatz läuft, ist mir völlig wurscht.

Warum sind die meisten Heimatfilme, die sonst so im Fernsehen laufen, denn so schlecht?

Vilsmaier: Früher in den 50er Jahren, also zur Hochzeit des Heimatfilms im Kino, wollten die Leute nichts mehr von der Nazizeit und dem Krieg wissen. Da wollte man ausschließlich heile Welt sehen. Bergschnulzen werden heute zwar auch noch massenweise gedreht, aber es gibt doch auch anspruchsvolle Heimatfilme — mehr als früher jedenfalls.

Was macht für Sie denn einen guten Heimatfilm aus?

Vilsmaier: Ganz einfach, dass er ehrlich ist. Dass er die allgegenwärtige Gehässigkeit der Menschen gegeneinander nicht unter den Teppich kehrt, sondern zeigt. Mir hat vor kurzem ein Richter erzählt, das es noch nie so viele Nachbarschaftsklagen wie zurzeit gegeben hat. Die Leute tun freundlich miteinander und verklagen sich hintenrum, das ist doch Wahnsinn. Diese Gehässigkeiten müssen Sie als Regisseur zeigen, und, ganz wichtig, dem Kitsch aus dem Weg gehen.

Ihr Film weicht in vielen Punkten vom Anzengruber-Stück ab. . .

Vilsmaier: Klar, das ist auch der Modernisierung geschuldet, wir haben den Stoff ja in unsere Zeit verlegt. Der Kern des Stoffs, der zeigt, wozu die Menschen fähig sind, ist davon aber unberührt. Die Gehässigkeit der Menschen stirbt nie aus.

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