Maccabi Games in Berlin Sarah Poewe: Eine Wuppertalerin schreibt Sportgeschichte

Als erste deutsch-jüdische Athletin seit der Nazi-Zeit holte die Schwimmerin eine Olympia-Medaille.

Seit dem Ende ihrer Karriere 2012 arbeitet Sarah Poewe als Schwimmcoach.

Seit dem Ende ihrer Karriere 2012 arbeitet Sarah Poewe als Schwimmcoach.

Foto: Rainer Jensen

Berlin. Es ist Dienstagabend, 20.40 Uhr. Polizeihubschrauber kreisen über Berlin. Polizeiautos stehen mit eingeschaltetem Blaulicht am Straßenrand. Menschen, die jetzt am Zentralen Omnibus-Bahnhof an der Messe ankommen, merken sofort: Es herrscht Sicherheitsstufe Nummer eins in der Bundeshauptstadt. Auch Sarah Poewe ist die Omnipräsenz der Sicherheitskräfte aufgefallen.

Die Wuppertalerin ist als Patin der Wasserball- und Schwimmwettbewerbe der European Maccabi Games 2015 nach Berlin gereist. Bei diesem großen internationalen Sportereignis, das am Dienstagabend um 20.40 Uhr feierlich im Waldstadion eröffnet wurde, nehmen ausschließlich jüdische Sportler teil. Poewe ist Jüdin.

Im Alter von 14 Jahren hatte die heute 32-Jährige ihre internationale Karriere als Schwimmerin gestartet. Damals noch für Südafrika, ab 2002 dann für das Heimatland ihres deutschen Vaters. Bei Olympia 2004 in Athen war sie die erste jüdische Sportlerin, die nach den Spielen 1936 in Berlin, die Hitler für nationalsozialistische Propaganda genutzt hatte, eine olympische Medaille für Deutschland holte.

"In dem Moment war ich mir dessen gar nicht bewusst. Als ich nach den Spielen in Interviews darauf angesprochen wurde und es realisierte, war das natürlich das i-Tüpfelchen auf meine sportliche Leistung obendrauf. Dass diese Medaille mit der eigenen Herkunft identifiziert, macht sie natürlich zu etwas ganz Besonderem", sagte Poewe am Mittwoch am Rande der Makkabiade.

Rund 2300 Sportler jüdischen Glaubens messen sich 70 Jahre nach der Shoa erstmals in Deutschland bei jüdischen Spielen. Der Holocaust ist dabei ein gemeinsamer Nenner für die Athleten aus aller Welt. "Jeder, auch ich, hat in seiner Familie Verwandte, die im Holocaust ermordet worden sind", erklärt Poewe.

Aber: "Sport und Religion sind zwei verschiedene Themen. Als ich aktive Sportlerin war, war meine Religion für mich immer etwas Privates. Durch meine Rolle als Botschafterin der Maccabi Games, ist das jetzt natürlich ein bisschen mehr in den Vordergrund getreten", sagt Poewe, die seit 2011 im Wuppertal lebt und nach dem Ende ihrer aktiven Karriere 2012 als Schwimmcoach arbeitet.

Sie selbst sei "ganz normal" zweigläubig aufgewachsen. Der Vater Protestant, die Mutter Jüdin. Da wurde Weihnachten gefeiert, aber auch die jüdischen Feiertage, wie Yom Kippur oder Rosch ha-Schana, wurden in der Familie begangen. Die Spiele in Berlin nutze sie nun auch, um noch mehr über ihre eigene Herkunft zu erfahren. "Ich lerne viel über mich selbst und hier bei den Maccabi Games haben wir als Gemeinschaft nicht nur den Sport gemeinsam, sondern auch den Glauben."

Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen ist sie gerne in Berlin dabei und glaubt, dass die Makkabiade ein historisches Ereignis sowohl für die Stadt als auch für die teilnehmenden Sportler sein wird. Noch bis 4. August finden die Spiele in Berlin statt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort