Silke Helms: Chefin von 250 000 Bienen

Silke Helms hat ihr Hobby zum Job gemacht. Sie gehört zu den wenigen hauptberuflichen Imkern in Deutschland.

Lüneburg/Embsen. Ihr erstes Bienenvolk hat sie zu ihrem zehnten Geburtstag bekommen, von Papa, der war Hobbyimker. Seitdem ist Silke Helms nicht mehr losgekommen von diesen Tieren: Sie wurde sogar Berufsimkerin. Die Leidenschaft für ihren Beruf lässt ihr im Sommer kaum eine freie Minute, denn es ist Erntezeit. „Von Mai bis August reicht eine 40-Stunden-Woche nicht aus“, sagt sie.

Wie allen Imkern bereitet auch Helms das Bienensterben große Sorgen. Die Imkerin hat beobachtet, dass inzwischen bis zu 30 Prozent der Tiere nicht mehr über den Winter kommen. „Früher waren es nur zehn Prozent“, sagt sie. Experte Werner von der Ohe vom Institut für Bienenkunde im niedersächsischen Celle führt den dramatischen Rückgang vor allem auf die aus Asien eingeschleppte Varroamilbe zurück.

„Dazu kommen zu den Pilzen zählende Mikrosporidien, von den Milben übertragene Viren und teilweise Nahrungsmangel“, sagt er. Und noch ein „tierisches“ Problem sorgt zunehmend für Ärger: „Seit etwa fünf Jahren machen mir Waschbären zu schaffen, im Winter haben sie mir zehn Völker kaputtgemacht“, beklagt die Imkerin.

Wenn die 42-Jährige über ihren Beruf redet, gerät sie richtig ins Schwärmen. „Die Bienen sind für mich noch immer faszinierende Wesen“, sagt Helms. „Und dann das Miteinander in der Natur, die Begegnung mit Hirschen und Wildschweinen, die Abwechslung und auch das Unberechenbare.“ Profis wie die 42-Jährige sind selten — mehr als 99 Prozent der deutschen Imker betreiben das Geschäft nur als Hobby oder Nebenerwerb.

Die Spezialität der gelernten „Tierwirtschaftsmeisterin Fachrichtung Bienenhaltung“ ist die Königinnenzucht — ihre Imkerei hat sie „Bienenkönigin“ genannt. „Eine gute Königin ist fruchtbar, friedlich und hält ihr Volk zum Honigsammeln an“, sagt Helms. „Friedlich“ sagt sie nur einmal, danach nur noch „nicht stichig“. Ihre Bienen sind nicht stichig. Sagt sie.

Und dann geht es von der Imkerei bei Lüneburg in den Wald, an Feldern vorbei über verschlungene Waldwege in einen lichten Kiefernforst. Dort stehen im Blaubeerkraut etwa 20 grüne Kisten, Beuten genannt. Beim Aussteigen zeigt sich: 250 000 Bienen summen nicht, sie erzeugen ein Dröhnen als würde ein Düsenflugzeug starten. „Sie fliegen bis zu fünf Kilometer weit, um Nahrung zu holen“, sagt die Imkerin, während sie ihr Werkzeug auslädt. Ein schützender Schleier für den Kopf ist nicht dabei. „Die Bienen sind nicht stichig“, sagt Helms noch einmal und behält recht — für heute. Wie oft sie schon gestochen wurde — sie macht eine wegwerfende Handbewegung. „Ein paar Dutzend Mal im Jahr bestimmt. Das passiert aber eigentlich nur, wenn man nicht aufpasst.“

Aus einer silbernen Kanne mit Blasebalg kommt der köstlich duftende Rauch glimmender Olivenkerne. „Der Smoker ist eines der drei wichtigsten Werkzeuge des Imkers“, erklärt Helms. Er lenkt die Bienen ab und stimmt sie friedlicher. Die anderen beiden Geräte sind der Stockmeißel, um die eingehängten Rahmen mit den Waben zu lösen und der Handbesen, um die Bienen abzufegen.

Helms legt los: Deckel auf, Rahmen raus, Bienen abfegen, Rahmen in eine andere Kiste, nächster Rahmen, Deckel wieder zu, nächster Stock. „Bis zu 55 Kilogramm bringt ein gutes Volk zusammen.“ Etwa 20 Kilo behält die Imkerin. „Was ein Volk liefert, liegt nur am Geschick des Imkers“, hat ihr der Vater mitgegeben.

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