Tim Harris lebt seinen Traum

Der 26 Jahre alte Amerikaner führt sein eigenes Restaurant, obwohl er am Down-Syndrom erkrankt ist.

Albuquerque. Als Tim ein Kind war, hatte er einen Traum. Er träumte von einem Restaurant. Vor zwei Jahren wurde sein Wunsch Wirklichkeit. Tim eröffnete sein eigenes Lokal „Tim’s Place“ in seiner Heimatstadt Albuquerque im US-Staat New Mexico und ist heute Chef von 17 Mitarbeitern. Auf den ersten Blick eine Erfolgsgeschichte, wie es sie viele gibt — aber Tims Geschichte ist besonders. Denn der 26 Jahre alte Amerikaner wurde mit dem Down-Syndrom geboren.

Er ist womöglich weltweit der einzige Restaurant-Besitzer mit Trisomie 21 — Menschen, die damit zur Welt kommen, sind in der Regel geistig behindert und haben einen anderen Körperbau.

Tims Familie setzte schon früh alles daran, dass ihr Sohn genauso aufwächst wie seine drei Brüder. „Für uns war es immer wichtig, dass Tim ein eigenes, ein unabhängiges Leben führen kann, trotz seiner Behinderung“, sagt sein Vater Keith Harris. Tim durchlief ganz regulär eine Schulbildung und machte seinen Abschluss in Gastronomie und Büromanagement.

In der Schule wählten ihn seine Mitschüler zum beliebtesten Ex-Schüler. Er bekam die meisten Stimmen in der Schulgeschichte.

Heute empfängt Tim seine Gäste persönlich an der Tür, begleitet sie an die Tische und hält oft ein Schwätzchen mit ihnen. Die Gäste freuen sich über die familiäre Atmosphäre in dem Lokal und bestellen dort morgens gern mal das „Kleine Frühstück für einen glücklichen Tag“ oder mittags den Salat „Das Beste aus beiden Welten“. Sechs Tage die Woche steht Tim in seinem Restaurant und arbeitet. Auf die Frage, ob alles so läuft, wie er es sich vorgestellt hat, sagt er schlicht: „Ja“.

Dazu passt sein Lebensmotto: „Wenn du davon träumen kannst, kannst du es auch schaffen.“ Und Tim liebt seinen Job: „Es gibt nichts daran, was schwer ist oder mir nicht gefällt“, sagt er. „Ich liebe es zu sehen, wie alle das Essen genießen und sich wohlfühlen.“

Eine weitere Besonderheit hat der junge Restaurantbesitzer in seinem Lokal eingeführt. Auf dem Menü stehen neben Sandwiches und Burgern auch Umarmungen — kostenlos und kalorienfrei. Der Chef nimmt auf Wunsch gern persönlich jeden seiner Gäste in den Arm. „Er ist ein sehr geselliger Mensch, sehr aufgeschlossen und liebt es, Menschen um sich herum zu haben“, sagt sein Vater.

Aber, dass heute alles so reibungslos läuft, war nicht immer abzusehen. Mehr als zehn Jahre grübelten Tims Eltern über die Idee — und entschlossen sich dann schließlich, in das Restaurant, in den Traum ihres Sohnes, zu investieren.

Doch als es im Oktober 2010 soweit war, blieben die Gäste anfangs aus, und Jeannie und Keith Harris begannen sich Sorgen zu machen. „Der Einzige, der in dieser Zeit nie wirklich besorgt war, war Tim“, erzählt Vater Keith. „Er war immer voll auf seine Aufgabe konzentriert und damit, die Gäste willkommen zu heißen.“ Vielleicht war auch genau das das Erfolgsrezept. Denn bald ging es bergauf — und heute ist das kleine Restaurant über die Stadt hinaus bekannt.

Dass Tim Harris heute dieses weitgehend selbstständige Leben führen kann, ist bei weitem keine Selbstverständlichkeit. Denn für viele Menschen mit Trisomie 21 ist es wegen ihrer geistigen und körperlichen Einschränkungen oft schwer, ein eigenständiges Leben zu führen.

Wenn es nach Tim geht, hat er sein Ziel noch lange nicht erreicht. Sein Plan: Er will expandieren und irgendwann vielleicht weitere Lokale eröffnen. Wo? „Am besten überall“, sagt er.

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