Titus – der Herr der Bretter

In den 70er Jahren holte Titus Dittmann das Skateboard nach Deutschland. Heute ist er der größte Lieferant in Europa.

Münster. Titus Dittmann ist wohl einer der ältesten Berufsjugendlichen Deutschlands. Sein Geld hat der Münsteraner mit Skateboards gemacht. In seinem Büro sitzt der 61-Jährige im schwarzen schicken Designerstuhl. Doch die Füße, die unter dem Glasschreibtisch hervorgucken, sie stecken in Turnschuhen.

An den Bürowänden sind alte Skateboards aufgereiht. Dittmanns Manifest lautet: "Skateboarding ist die größte Jugendkultur, die sich aus dem Sport entwickelt hat." Der ehemalige Lehrer ist das Aushängeschild der deutschen Skater-Szene geworden - und damit auch erfolgreicher Unternehmer. Vor zwei Monaten bekam er sogar den Verdienstorden des Landes-Nordrhein-Westfalen verliehen, für sein ehrenamtliches Engagement.

Titus Dittmann kennt sich mit dem Dresscode junger Skater aus, denn er gestaltet diesen Code mit. Er trägt eine Kapuzenjacke, auf seinem Hemd prangt ein amerikanischer Straßenkreuzer. Um den Hals hat er einen schwarz-weißen Schal gewickelt und passend dazu die Mütze, die seinen eigenen Namen und den Namen seiner Marke trägt: "Titus".

Seit mehr als 30 Jahren ist Dittmann im Namen des Skateboards unterwegs. Als einer der Ersten holte er die rollenden Bretter nach Deutschland. Damals war er noch Lehrer an einem Gymnasium in Münster und versorgte Schüler in seiner Wohnung mit Ware aus den USA. "Ich bin Unternehmer im eigentlichen Sinne des Wortes und kein Händler oder Verkäufer." Mittlerweile ist er größter Lieferant von Skateboard-Zubehör in Europa.

Dabei hat er alle Höhen und Tiefen des Geschäfts erlebt. Drei Mal stand er kurz vor dem Aus, immer wieder kam er zurück auf die Bildfläche. Zuletzt wurde er fast aus seinem Unternehmen gedrängt, als ein Börsengang scheiterte.

Dittmann erhielt den Orden aber nicht für seine wechselhafte Karriere, sondern für seinen gesellschaftlichen Einsatz. Damit gebe er einen Teil seines wirtschaftlichen Erfolges an die Jugend zurück, lobte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Der Münsteraner will sich für die Szene engagieren, die seine Ware kaufen soll, sagt er. Er holte 1997 die Weltmeisterschaft nach Münster, organisierte Events für Skater und etablierte in einer alten Fabrikhalle einen Treffpunkt. In Afghanistan und Afrika stieß er Hilfsprojekte mit an. "Ich möchte etwas bewegen. Oft trete ich dabei auch Leuten auf die Füße." Er versteht sich als ein Lobbyist für die Jugend. Über den Orden hat er sich gefreut. "Ich habe das Bedürfnis, von der Gesellschaft anerkannt zu werden", so der Rollbrett-Pionier.

Experten bescheinigen Dittmann ein schlaues Konzept. "Hinter Unternehmen steht immer eine Geschichte", sagt der Junior-Professor für Marketing an der Universität Münster, Michael Steiner. Apple, Google oder Ebay seien bekannte Beispiele dafür. Dem Unternehmen werde ein Gesicht verliehen: "Marken brauchen immer etwas Menschliches, etwas Persönliches, mit dem sich die Verbraucher identifizieren können." Bei "Titus" komme dies in der Person des Chefs zusammen. Dadurch, dass Dittmann immer an der Skateboard-Szene teilgehabt hätte, habe sich nach und nach ein Markenimage entwickelt.

Dittmann hat seine Anfänge als Lehrer offenbar nicht vergessen. "Mein Marketing hat einen pädagogischen Ansatz", sagt er. "Ich greife in die Entwicklung von pubertierenden Jugendlichen ein."

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