Uwe Kockisch über Brunetti: „Alles andere als ein Unsympath“

Uwe Kockisch spricht über zehn Jahre als Commissario Brunetti, Begegnungen mit Zuschauern und Venedig.

Berlin. Seit zehn Jahren geht er in Venedig als Commissario Brunetti auf Gaunerjagd: Uwe Kockisch ist aus den Verfilmungen der Bestseller-Krimis von Donna Leon nicht mehr wegzudenken. Auch in seinem neuen Fall, „Donna Leon: Auf Treu und Glauben“ (Samstag 20.15 Uhr, ARD), wird der zurückhaltende Ermittler mit den kriminellen Abgründen der malerischen Lagunenstadt konfrontiert.

Herr Kockisch, ist es seltsam, einen Italiener zu spielen?

Uwe Kockisch: Keineswegs, der Beruf des Schauspielers ist ja nicht begrenzt durch seine Nationalität, sondern durch das Spiel mit Figuren. Das ist überhaupt kein Problem für mich — und für den Zuschauer hoffentlich auch nicht (lacht).

Für manche vielleicht doch, weil sie Leser der Donna Leon-Romane sind und sich ihr eigenes Bild von Brunetti gemacht haben. Ist es schwierig, dagegen anzuspielen?

Kockisch: Das muss ich gar nicht, weil die Romane und die Filme ja zwei Paar Stiefel sind. Ich kann mir den Brunetti in den Romanen von Donna Leon zwar ansehen, um Hintergründe zu erfahren, die meine Figur bereichern können. Aber ausschlaggebend für mich als Schauspieler sind natürlich die Drehbücher, auf denen die Filme basieren. Mir ist klar, dass die Leser der Romane ein bestimmtes Bild von Brunetti im Kopf haben, aber ich muss und kann ihn ja nur so spielen, wie ich ihn sehe.

Was halten die Fans davon?

Kockisch: Sie werden lachen, aber ich habe bisher nur positive Rückmeldungen von Zuschauern bekommen. Viele bestärken mich darin, ihn so weiterzuspielen, wie bisher. Das freut mich natürlich.

Mögen Sie den Brunetti?

Kockisch: Klar, das ist ein ruhiger, ein gelassener Typ, alles andere als ein Unsympath. Und selbst wenn er einer wäre, würde mich das nicht stören, weil ich mich in jedem Fall als Anwalt meiner Figuren begreife und sie verteidige, wo ich kann. Ich möchte ihre Beweggründe verstehen, suche ihre Nöte, ihre Hoffnungen und Wünsche — und das gilt für Helden und Schurken gleichermaßen.

Brunetti ist ein integrer und loyaler Zeitgenosse. Was bedeutet Loyalität für Sie?

Kockisch: Das ist etwas ganz Wesentliches, das unauflösbar mit anderen Tugenden wie Aufrichtigkeit oder Ehrlichkeit verbunden ist. Es hat auch mit der Fähigkeit zu tun, sich selbst zu reflektieren, Fehler zuzugeben. Fehler, die man sich eingesteht, sind ja etwas Positives, weil es einen davor bewahrt, sie noch einmal zu begehen.

Können Sie es verzeihen, wenn jemand Ihnen gegenüber illoyal ist?

Kockisch: Mittlerweile schon, das war früher anders. Aber das lernt man mit dem Alter, man geht ja immer in die Lebensschule. Jetzt kann ich verzeihen, und ich glaube, das ist auch besser — sonst verklumpt man ja irgendwann und wird hart wie ein Stein. Mir ist auch das Gefühl fremd geworden, jemanden zu hassen. Man wird tatsächlich gelassener im Laufe der Zeit, vielleicht ja irgendwann so gelassen wie Brunetti (lacht).

Brunetti hat’s aber auch gut, immerhin lebt er in Venedig.

Kockisch: Ja, Venedig ist wunderbar, das wird mir immer klar, wenn ich dort bin. Es ist aber alles andere als einfach, dort zu drehen, weil die Stadt von Touristen belagert wird.

Von denen sieht man aber relativ wenig in den Filmen.

Kockisch: Das hat mit der großartigen Arbeit der Leute hinter der Kamera zu tun, die einen enormen logistischen Aufwand betreiben. Ich werde aber natürlich häufig von deutschen Touristen erkannt. Die sind aber alle sehr nett, ich habe es noch nie erlebt, dass einer unfreundlich war. Alle mögen Brunetti.

Venedig ist ja der eigentliche Hauptdarsteller der Brunetti-Filme. Kein bisschen eifersüchtig auf die Stadt?

Kockisch: Nein, überhaupt nicht — das wäre ja noch schöner (lacht). Brunetti und Venedig gehören schließlich untrennbar zusammen. Ich fühle mich ungeheuer wohl in dieser wunderbaren Stadt, und vielleicht ziehe ich irgendwann sogar mal hin.

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