Zum 70. von Diana Rigg: Emma, übernehmen Sie!

Keine Serie prägte Mode, Humor und Lebensart der späten 60er so sehr wie „Mit Schirm, Charme und Melone“. Diana Rigg wurde als Emma Peel zum Weltstar.

In Erinnerung wird vor allem der Catsuit bleiben, das schwarz glänzende Lackleder, das sich wie eine zweite Haut an den Körper von Mrs. Emma Peel schmiegte. Diana Rigg, die Darstellerin der gewitzten Geheimagentin, hatte ein ambivalentes Verhältnis zu den gewagten Kostümen, die John Bates und Alan Hughes für sie entwarfen.

Einerseits genoss sie das ironische Spiel, ihre Weiblichkeit als Waffe einzusetzen, dank engen Stoffkonturen viel von sich preiszugeben, gleichzeitig aber zutiefst züchtig den offenherzigen Einblick zu verwehren. Andererseits war ihr der plötzliche Status als Sexsymbol suspekt. Jeder kannte sie, nannte sie Emma, lobte sie für ihren Einsatz im Auftrag Ihrer Majestät und gab ihr Tipps im Umgang mit ihrem Serienpartner John Steed, dessen Darsteller Patrick Macnee mit britischer Noblesse den deutschen Titel des Serienhits geprägt hatte: Ermittelt wurde stets "Mit Schirm, Charme und Melone".

Der Name war passender als der Originaltitel. "The Avengers", zu deutsch: "Die Rächer", machte nur in den ersten beiden Folgen Sinn. Steed suchte damals noch mit seinem ersten Partner David Keel nach dem Mörder seiner Verlobten. Danach hatte Rache als Motiv ausgedient, stattdessen wurde gegen irre Wissenschaftler und Politiker mit Allmachtsphantasien gekämpft. Der Titel aber blieb - und wurde zum Markenzeichen, das sich ab 1965 als erste britische TV-Sendung in die USA verkaufte.

Zeitgleich bedeutete der Einstieg von Diana Rigg einen erneuten Besetzungswechsel. Bereits vier Kollegen hatte Macnee verschlissen, darunter das spätere Bond-Girl Honor Blackman, die Sean Connery in "Goldfinger" als Pussy Galore den Kopf verdrehte. Beflügelt vom Erfolg, die Serie im US-Fernsehen untergebracht zu haben, gleichzeitig aber unter Druck, weil die Zuschauerresonanz in der Heimat langsam nachließ, wollte man dem blasierten Steed eine ebenbürtige Partnerin entgegensetzen.

Insgesamt 80 Schauspielerinnen hatten bei Serienerfinder Sydney Newman bereits vorgesprochen, bis Rigg das Studio betrat, damals 26 Jahre jung, durch die Royal Shakespeare Company in Stratford-upon-Avon gestählt, mit dem Medium Fernsehen, insbesondere mit dem Format "The Avengers" allerdings nicht vertraut. Newman sagte später, dass ihr genau diese Unbefangenheit die Rolle einbrachte.

Rigg füllte perfekt aus, was die Autoren am Reißbrett entworfen hatten: eine selbstsichere, stilbewusste, humorvolle Alleskönnerin. Der Arbeitsname der Figur, das fordernde "Man-Appeal", führte über die in Memos enthaltene Abkürzung "M.Appeal" schließlich zum Namen Emma Peel, der bis heute ein Synonym für die 60er ist. Keine andere Serie prägte den Zeitgeist zwischen Beatnik, Hippies, Kaltem Krieg und Mondlandung so sehr wie "Mit Schirm, Charme und Melone" mit ihrem psychedelischen, stark verschrobenen Zukunfts-Look.

Ab Oktober 1966 strahlte auch das ZDF die Serie aus, begann bezeichnenderweise mit den Peel-Folgen, verzichtete aber auf Episoden, die den Programmverantwortlichen als zu gewagt erschienen.

Trotz dieser öffentlich-rechtlichen Geschmackspolizei avancierte auch die zensierte Fassung zum Trendbarometer in Sachen Mode, Lebensart und Humor. Die Selbstverständlichkeit, mit der Rigg als Geheimagentin Scharfsinnigkeit, Weltgewandtheit, modisches Selbstbewusstsein und erotische Unnahbarkeit verkörperte und damit das gängige Frauenbild grundlegend in Frage stellte, war ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus. Das ist auch der Grund, warum die Serie bis heute unweigerlich mit Mrs. Peel in Verbindung gebracht wird, obwohl sie von insgesamt 187 Episoden nur in 53 auftauchte.

Der Ausstieg erfolgte im Streit. Rigg hatte spitzgekriegt, dass selbst der Kameramann ein höheres Salär einstrich als sie. Die große Filmkarriere blieb danach zwar aus, ab den 80ern spätestens etablierte sie sich in Großbritannien aber als allgemein verehrte Theaterikone. Ihr 70. Geburtstag am Sonntag wird von den Briten entsprechend gefeiert. Emma Peel allerdings, die Rolle, mit der der Rest der Welt sie bis heute verbindet, wird zeitlos bleiben.

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