Kinder tragen Erwachsenen-Klamotten

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Sie tragen Stöckelschuhe und Miniröcke. Neuerdings sind Kinder von Stars wie Victoria Beckham echte Fashion-Vorbilder. Doch im Alltag sollten Eltern bei aller Coolness nicht vergessen, dass Kinderkleidung vor allem praktisch sein sollte.

Die fünfjährige Suri Cruise, Tochter der US-Schauspieler Tom und Katie Cruise, tippelt auf Absatzschuhen. Angelina Jolies Kinder spielen in engen Röhrenjeans. Und der achtjährige Romeo Beckham, Sohn der Stilikone Victoria Beckham, trägt Nadelstreifenanzug - er wurde dafür in diesem Jahr zu einem der bestangezogenen Briten gekürt. Was Erwachsene nicht immer als bequem empfinden, wollen neuerdings ihre Kinder tragen. Ihre kleinen Vorbilder, die Kinder der Stars, machen es vor.

Wer durch die Kinderabteilungen streift, stellt fest, dass die Kollektionen für Kids zunehmend der Erwachsenen-Mode entsprechen. Diesen Eindruck bestätigt die Kindermode-Expertin Andrea Hackenberg: „Wir beobachten, dass Modetrends aus der Erwachsenenwelt immer schneller im Klein-Format für Kinder umgesetzt werden.“

So hat beispielsweise die Firma s.Oliver Chino-Hosen und Jersey-Blazer für Damen und Herren nun auch in den Juniorgrößen 92 bis 134 im Programm. Bei Tom Tailor erhält man statt der guten alten Latzhose einen Jumpsuit mit Neckholder, bei Otto gibt es Haremshosen für Kleinkinder. Und wer seinem Nachwuchs anstelle von klassischen Klettverschluss-Tretern lieber trendige Römersandalen anziehen möchte, wird etwa bei Naturino und C&A fündig.

„Das alles folgt den Regeln des 'Mini Me'-Stils. Ziel ist es, sich dem Look des Vaters oder der Mutter möglichst weit anzunähern“, erläutert Hackenberg, die für das Fachmagazin „Textilwirtschaft“ die Trends in der Kindermode analysiert. Entsprechend erfolgreich würden sich derzeit Kids-Kollektionen, die beinahe eine Kopie der Programme für die Erwachsenen sind, verkaufen. „Allerdings sollten die Röcke nie zu kurz und die Ausschnitte nie zu tief sein“, warnt Johnnie Boden, Gründer des Modeunternehmens J.P. Boden.

Es gibt noch eine zweite Erklärung für den Wandel der Kindermode: Seit Kinder-Vorbild Suri Cruise im Designerkleid in der Boulevard-Presse zu sehen ist, sprechen Experten vom „Suri-Effekt“. Hackenberg erläutert: „Promi-Kinder werden zu global beachteten Stil-Ikonen hochgejubelt und verschaffen damit insbesondere sehr teuren Marken mehr Aufmerksamkeit und höhere Umsätze.“

Dass kleine Mädchen in Deutschland demnächst im Designerkleid in Richtung Kindergarten stöckeln, ist Hackenberg zufolge aber nicht zu befürchten: „Hierzulande fehlt der Markt für solche Eskapaden, denn deutsche Eltern kleiden ihren Nachwuchs auch dann sehr preisbewusst, wenn ihnen ein hohes Einkommen zur Verfügung steht.“

Doch dies sei nicht überall so, sagt der Stilberater Andreas Rose: „Während in Deutschland immer noch säckeweise gebrauchte Kinderklamotten an befreundete Mütter weitergereicht werden, ist diese Vorstellung in Frankreich fast undenkbar. Auch der italienische Familienvater spart lieber bei der eigenen Kleidung, um seiner Tochter die trendigen Glitzerballerinas kaufen zu können.“

Laut Hackenberg hat der „Suri-Effekt“ den Blick der Deutschen auf die Kindermode allerdings etwas verändert. In der Folge sollen Jungen und Mädchen nicht mehr nur praktisch, sondern auch cool und schick angezogen sein.

Jungs tragen im Sommer 2011 lässige Jeans in leichter Vintage-Optik und Cargoshorts. Auch Klamotten mit Bauernkaros seien in, beschreibt Rose die aktuellen Trends. Mädchen tragen romantische Sommerkleider mit Blumenmuster im Stil der 70er Jahre oder gestreifte Outfits, etwa von Mini Boden. Daneben blieben weite und bequeme Tuniken, Röcke und Strickjacken angesagt, die zu Leggins oder Röhrenjeans kombiniert werden. Das ist etwa im Sortiment von Ernsting's Family, Zara, Otto und Nononsense zu sehen. Neben den klassischen Kinderfarben Rosa und Hellblau sind schmutzfreundliches Grau und Braun sowie Türkis in.

„Gute Kinderkleidung sollte Bewegungsfreiheit garantieren, hautfreundlich, sicher und so strapazierfähig sein, dass sie mehrere Wäschen übersteht“, rät Hackenberg Eltern außerdem. Selbst Modeunternehmer Johnnie Boden findet, dass Kindermode in erster Linie funktional und kindgerecht sein sollte: „Ich persönlich möchte nicht, dass meine Kinder wie Erwachsene aussehen. Daher ist mein Rat an alle, sich dem Alter entsprechend zu kleiden.“

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