Narren feiern Rosenmontag

Köln/Düsseldorf/Mainz (dpa) - Wer den größten deutschen Karnevalszug einmal ganz für sich allein haben will, der muss am Rosenmontag nur früh aufstehen. Dann bietet sich im Kölner Zentrum ein Spektakel, das selbst von den Alteingesessenen nur verblüffend wenige kennen.

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Im ersten Morgenlicht rollen alle Prunkwagen hintereinander zu ihrer Sammelstelle in der Südstadt. Die Straßen sind leer, denn an Rosenmontag haben in Köln fast alle frei und schlafen dementsprechend lange. So ist kaum ein Laut zu hören, nur die Motorengeräusche. Da die Wagen deutlich schneller fahren als später im Zug, schwanken die riesigen Figuren sachte hin und her, was ihnen zusätzliche Lebendigkeit verleiht. Plötzlich wirkt das Ganze gar nicht mehr lustig, sondern leicht unheimlich. Ganz besonders wenn plötzlich Vitali Klitschko und Wladimir Putin um die Ecke biegen.

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Monatelang hatten die Kölner, Düsseldorfer und Mainzer Wagenbauer wieder an ihren Figuren gewerkelt. Ihre Arbeit wird von Jahr zu Jahr schwieriger, denn, so sagt der Düsseldorfer Chefbauer Jacques Tilly: „Die Medienkarawane grast ein Thema nach dem anderen ab, das geht immer schneller.“ Die Wagenbauer stünden unter immer größerem Aktualitätsdruck.

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Immerhin, so ziemlich alle großen Skandale und Affären der vergangenen Monate wurden auf den Wagen parodistisch aufgearbeitet. Da war der Limburger Protzbischof, badend im Geld wie Dagobert Duck. Da war das Groko-Krokodil, das an einem riesigen Edathy-Kopf kaute. Und da war Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der mit seiner Selbstanzeige einen Fußball-Volltreffer ins Gesicht bekam.

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Es ist immer interessant, die drei großen Züge miteinander zu vergleichen. Dabei fiel diesmal eines auf: Angela Merkel bietet selbst den Narren keine Angriffsflächen mehr. Die Kölner - seit Jahren die biedersten und bravsten aller Narren - verzichteten von vornherein auf jeden kritischen Ansatz und hoben sie als intergalaktische Durchstarterin aufs Podest. Die Düsseldorfer zeigten sie als Personifizierung der immer mehr Speck ansetzenden deutschen Wirtschaft. In Mainz war sie das Opfer von Uncle Sam, der als Flaschengeist ihrem Handy entstieg, und auf einem zweiten Wagen bildete sie zusammen mit Sigmar Gabriel ein übermächtiges Regierungsgespann. Lang ist's her, seit Bundeskanzler Konrad Adenauer aus Verbitterung über den ätzenden Spott der Narren eine juristische Verfolgung derselben erwog.

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Angesichts der eskalierenden Krim-Krise wirkte manches deutsche Skandälchen in den Zügen nur noch niedlich. Das Geschehen in der Ukraine wurde am Rhein höchst unterschiedlich bewertet. Düsseldorf zeigte Wladimir Putin als Muskelprotz mit Bizeps-Bombe. Stromaufwärts in Köln wurde der russische Präsident gerade umgekehrt als schwächlicher Zwerg dargestellt, den sich der muskelbepackte Profiboxer Vitali Klitschko zur Brust nimmt. Ein richtiger satirischer K.O.-Schlag war wohl weder das eine noch das andere.

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Wer jemals live mit dabei war, weiß übrigens, dass die Wagen von den Leuten am Straßenrand kaum beachtet werden. Abgesehen davon, dass die Motive aus der Froschperspektive oft schwer zu erkennen sind: Die Jecken haben während des Zuges viel Wichtigeres zu tun. Sie sind voll damit beschäftigt, Kamelle einzufangen.

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