Kirchentags-Blog: Oh God — die letzten Karten für "Oh Boy"

Hamburg. „Soviel du brauchst“ - 2500 Veranstaltungen haben die Organisatoren des Kirchentags angesetzt, um sich an diesem biblischen Motto abzuarbeiten. Wären sie nur einmal durchs Uni-Viertel geschlendert, hätten sie sich die ganze Arbeit sparen können.

Schräg gegenüber dem Audimax gibt es einen kleinen Eckladen, der mit einem Schlag für Aufklärung gesorgt hätte. Er wirbt mit dem Slogan: „Alles was Du brauchst“.

Um das klarzustellen: Wir brauchen genau zehn Dinge. Nicht etwa die Zehn Gebote, sondern (in der Reihenfolge der Angebotsübersicht, die neben der Ladentür aushängt): Tabak, Presse, Getränke, Coffee to go, Snacks, Backshop, Lebensmittel, Drogerie, Schreibwaren und Telefonkarten. Mehr nicht.

Wie biblisch begründet diese Auswahl ist, habe ich in der Kürze der Zeit nicht in Erfahrung bringen können. Vermutlich wird es zumindest auch bei den Telefonkarten schwierig, die entsprechenden Belege in den alten Schriften ausfindig zu machen. Aber beeindruckt hat mich vor allem Punkt zwei: Dass die Presse zu dem gehört, was alle Menschen unerlässlich benötigen, kann ich schon aus Gründen des Selbstwertgefühls nur unterstreichen. Allen, die an der Notwendigkeit unserer Branche zweifeln, rate ich dringend zu einem Besuch des kleinen Hamburger Eckladens.

Von dort ist es nicht weit zum Kino Abaton, dessen Besuch ebenfalls uneingeschränkt zu empfehlen ist. Aus eigener Erfahrung kann ich bezeugen, dass sich biblische Verheißungen an diesem Ort in besonderer Weise erfüllen.

„Bilder der Einsamkeit“ war dort eine Filmreihe anlässlich des Kirchentags überschrieben, was angesichts der christlichen Menschenmassen vor der Tür nicht einer gewissen Komik entbehrt. Auch für die Aufführung des sechsfachen Lola-Gewinners „Oh Boy“ samt anschließendem Gespräch mit Regisseur Jan-Ole Gerster bildet sich eine lange Schlange noch um die nächste Straßenecke herum. Mittendrin wir.

Und so geschah es: Die letzten beiden verfügbaren Karten gehen an mich und meine Frau. Ohne Quatsch! Und was ist den Letzten in der Bibel versprochen? Richtig: dass sie die Ersten sein werden. In unserem Fall ist es zumindest die erste Reihe. Das führt zwar beim Filmgucken zu einer leichten Form der Nackenstarre. Aber dafür sind wir beim anschließenden Gespräch dem Newcomer-Regisseur besonders nahe. Und irgendwie auch der Heiligen Schrift.

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